Samstag, 5. Oktober 2019

Fabre in Sérignan: 14 Jahre Mistkäfer beobachtet

Mit den Mistkäfern hat alles angefangen; über sie schrieb Jean-Henri Fabre seine erste Veröffentlichung. Dann folgten die geliebten Sandwespen, die Gottesanbeterin und zahlreiche Schmetterlinge.
Ausführliche und einfühlsame Biographien schreibt er und ist den Objekten seiner Begierde so lange so nah wie selten ein Biograph. Stundenlang liegt er mit seinem Markenzeichen, der Lupe, auf dem Bauch, beobachtet und spricht auch mit seinen Insekten. Seine Beschreibungen sind so verständnisvoll, daß er manchmal sicher nur aufschreibt, was seine Tiere ihm erzählen.

Fabre: Immer mit seiner Lupe unterwegs und hier mit Blick auf das Café de Commerce,
die inzwischen geschlossene Stammbar des deutschen Malers Werner Lichtner-Aix
Mit Menschen ging er weniger verständnisvoll um, zum Beispiel mit Charles Darwin, mit dem er in Briefwechsel stand und dessen Theorie über die Entstehung der Arten er rundweg für ein Hirngespinst hielt.
„Ich glaube nicht an Gott, ich sehe ihn“,
war Fabres feste Überzeugung.

Zeitlos, besser gesagt mit unendlich viel Zeit, hat Fabre geforscht und experimentiert. Der erste, der das Experiment in der Biologie systematisch anwandte. Über vierzehn Jahre hinweg hat Fabre immer wieder den Mistkäfer beobachtet, mit dem er seine Veröffentlichung auch beginnt. Um die Intelligenz des Skarabäus, des heiligen Pillendrehers aus Ägypten, ranken sich viele Mythen. Insbesondere der schon von den griechischen Geschichtsschreibern überlieferte Mythos, daß der Skarabäus sich Hilfe holt, wenn das Gelände so schwierig wird, daß er eine von ihm gefundene Mistkugel nicht mehr allein fortbewegen kann. Bis ins 19. Jahrhundert hatten selbst ernsthafte Wissenschaftler diese Theorie ungeprüft übernommen.

Und auch Fabres Ansatz war es zunächst, eine Bestätigung für diese These zu erlangen. Er umgrenzte die Kugel mit unüberwindlichen Steinwällen, hob Gräben aus, fixierte sie mit Nadeln und ließ sich eine Reihe weiterer Erschwernisse einfallen, aber nie, nie holte der Mistkäfer Hilfe. Im Gegenteil. Wenn die Artgenossen feststellten, daß jemand „Hilfe“ brauchte, hielten sie dies für Schwäche und die Aufforderung zu Kampf und Raub. Das war es also, wenn mehrere Käfer sich um eine Kugel versammelten.

Alle Vorgänger Fabres hatten aus einer Ansammlung der Tiere ihre im wahrsten Sinne des Wortes voreiligen Schlüsse gezogen. Der Berliner Matthes&Seitz Verlag hat die „Erinnerungen eines Insektenforschers“ in einer mehrbändigen Reihe und mit den Zeichnungen von Christian Thanhäuser schön ausgestatteten Ausgabe verlegt. HIER können Sie sich das im VIDEO ansehen.



Zeichnung von Christian Thanhäuser aus
dem angesprochenen Buch
Fabre selbst hat allerdings deutlich naturnäher gezeichnet. Es gibt auch ein hörenswertes CD-Set von Peter Steinbach: Die wunderbare Welt des Jean-Henri Fabre.

Nach der Besichtigung des Hauses - HIER alle Informationen und Öffnungszeiten; Mittagspause im Juli und August übrigens von 12.30 bis 15.30! - schlage ich noch einen Spaziergang durch den botanischen Garten am Fabre-Haus und dann hinaus zum Friedhof vor, wo er im Familiengrab beerdigt ist.

„Diejenigen, die wir verloren glauben, sind uns nur vorausgeschickt.“
Diesen Ausspruch Senecas hat sich Fabre für seinen Grabstein ausgesucht.

Hier auf dem Friedhof finden Sie auch das Grab des deutschen Maler Werner Lichtner-Aix, der seit dem Ende der sechziger Jahre in Sérignan wohnte und dessen Atelier auch heute noch zu besichtigen ist.


Bei der Gelegenheit möchte ich Sie auf die Website der französischen Friedhöfe von PHILIPPE LANDRU hinweisen, eine wahre Fundgrube. Auch ein Bild des Fabres-Grab finden Sie da.



>>>>  Viel mehr zu Sérignan, Fabre, Ventoux und dem Midi in meinem Buch "Durch den Süden Frankreichs" (700 Seiten, über 1.000 Bilder), das ich gerne signiert und portofrei zusende.

So bewertet die FAZ: Eine „profunde Kulturgeschichte, glänzend formuliert, prachtvoll bebildert und vom Verlag wunderschön ausgestattet…die vielleicht fundierteste Darstellung zu diesem Thema, ganz gewiss ist es die am besten geschriebene“.

Professor Rainer Moritz, Leiter des Hamburger Literaturhauses, lobt im MDR die „hochinteressante Mischung aus Literatur, Kunst und Kulinarik“, und Martin-Maria Schwarz im HR „eine akribische Neuerkundung“. Zusammenfassend die Badische Zeitung: „Ein reiseliterarisches Meisterwerk“ und der NDR: „Ein ganz außergewöhnliches Buch!“



 


Samstag, 28. September 2019

Zinedine Zidane und Mick Jagger in Nebenrollen

Zidane auf seiner berühmten Wand und Jagger auf
einem T-Shirt. Bilder von Yannis Bautrait und Reckon 
Mick Jagger und seine Band-Kollegen waren natürlich mehrfach in Südfrankreich, so im Sommer 1971, als sie in der Nähe von Antibes jeder eine eigene Villa bewohnten. Im Keller des Hauses von Keith Ricards hatten sie ein provisorisches Studio eingerichtet, komponierten und probten, wenn es die Drogenlage hergab. Bill Wyman hatte Heimweh, wollte nach Hause, sehnte sich nach englischem Essen und englischer Milch. Und Mick Taylor, erst kurz dabei für Brian Jones - dessen Tod (ertrunken oder ermordet?) bis heute nicht geklärt ist - genoß sein Leben als Rockstar. Die BBC hat eine Dokumentation über dieses Jahr gedreht: Stones in Exile. Es sei tatsächlich schon etwas wild gewesen damals, gestand Jagger (inzwischen Sir Mick) rund vierzig Jahre später der britischen Zeitung "The Telegraph" ein.
"Damals waren wir jung, gutaussehend und dumm. Heute sind wir nur noch dumm." 
Vézénobres: Ein Gordes ohne Touristen, aber 
kein Umfeld für Mick Jagger
Wem Gordes und Bonnieux gefallen, der kann sich in Vézénobres ansehen, wie die beiden vertouristeten Hochburgen ohne den ganzen Rummel ausgesehen haben müssen; Mick Jagger hat sich jedenfalls 1978 hier niedergelassen - in der Rue Basse gleich hinter dem Schloß - und ist vor dieser Ruhe und Abgeschiedenheit kurz darauf wieder geflohen. In manchen Straßen ist das romanische Stadtbild noch mit ganzen Häuserzeilen erhalten und, wie auch der restliche Stadtkern, mit alten Materialien sorgfältig renoviert.
Zidane: Made in Marseille und hier auf der Treppe des
Adidas-Shops auf der Canebière mit seinem Konterfei. Bild Merci à Adidas

Sicher kennen Sie das Bild (siehe oben) der berühmstesten und meistphotographiertesten Mauer von Marseille direkt an der Küstenstraße in Richtung Osten, genau da wo die Corniche Kennedy über den Place Paul Ricard führt. Zidane war jahrelang als fünfzehn Meter hohes Portrait darauf zu sehen, Adidas hat es bezahlt und beschriftet ist die Wand auf englisch: „Made in Marseille“.

Ziadane ist in einer jener verufenen Hochhauswüsten von Marseille aufgewachsen, die Polizei, Sozialarbeiter und Stadtverwaltung gerne vergessen, La Castellane, und die noch am ehesten als Problemviertel in die Romane von Jean Claude Izzo gehört. Als „Yazid“ war Zidane hier in jungen Jahren bekannt, erst später bekam er den Spitznamen „Zizou“. 


Auch heute geht nichts ohne die "10". Bild LCM/Calicot
"Und Zinedine?" läßt Leila Sebbar in Ihrem Buch Mes Algéries en France Zidanes Mutter erzählen.
"Wie sollte ich wissen, daß mein Sohn überall auf der Welt Zidane genannt und ebenso bekannt sein würde wie de Gaulle. Als er klein war habe ich zu seinem Vater gesagt. Den ganzen Tag hat er nur Fußball im Kopf. Das ist wirklich nicht genug. Wie will er denn mal Geld verdienen?"
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Viel mehr zu Marseille, Vézénobres und dem Midi in meinem Buch "Durch den Süden Frankreichs" (700 Seiten, über 1.000 Bilder), das ich gerne signiert und portofrei zusende.

So bewertet die FAZ: Eine „profunde Kulturgeschichte, glänzend formuliert, prachtvoll bebildert und vom Verlag wunderschön ausgestattet…die vielleicht fundierteste Darstellung zu diesem Thema, ganz gewiss ist es die am besten geschriebene“.

Professor Rainer Moritz, Leiter des Hamburger Literaturhauses, lobt im MDR die „hochinteressante Mischung aus Literatur, Kunst und Kulinarik“, und Martin-Maria Schwarz im HR „eine akribische Neuerkundung“. Zusammenfassend die Badische Zeitung: „Ein reiseliterarisches Meisterwerk“ und der NDR: „Ein ganz außergewöhnliches Buch!“



Samstag, 21. September 2019

Le Grau du Roi: Top-Fischrestaurant Le Saint-Pierre

Le Grau du Roi: Von Mitte September bis Mitte April eine Reise wert

Wer heute in Le Grau du Roi ein Fischrestaurant sucht, sollte vor allem die Zone beiderseits des Kanals meiden, wo dem touristischen Einmalgast etwas als Fischsuppe serviert wird, das so dünn und geschmacklos ist, daß man meint, es seien ein paar Gemüsebrühewürfel in einer Fischpfanne aufgekocht worden. Also: nichts wie hin ins „Saint-
Pierre“, das da liegt, wo es hingehört, am Ende des Fischereihafens nämlich, gleich neben der „Bar des Pêcheurs“. Und wenn Restaurantchef Thierry Cortes uns um etwas Geduld bittet, weil die Fischerboote heute mit Verspätung zurückgekehrt seien, dann steigt das Vertrauen noch mehr. HIER im VIDEO ab der vierten Minute.

Und da machen wir nichts anderes wie Hugo von Hofmannsthal, als er durch den Süden Frankreichs reist und eine Fischsuppe begeistert beschrieb. Ihn beeindruckten vor allem die Farben „am rollenden, phosphorschimmernden Meer“, Farben, die sich auch bei den Mahlzeiten wiederfanden. Ein Mittagessen in den Herbergen der Fischer sei sogar „eine große Orgie von Farben. Der rotflossige Fisch schwimmt in einer Safransauce, andere flimmern silberschuppig, und die grellroten Langusten sind von mattgrünen Oliven umrahmt. Dazu das blaue Meer und am weißen Strand Pinien und Zypressen.“

Warum aber die Bouillabaisse hier und nicht in Marseille? Küchenchef Christophe Perrier, der mit seinem Lehrmeister Joel Novack in der Küche zaubert, ist praktisch mit Bouillabaisse großgezogen worden. Sein Großvater, der aus Carry-le-Rouet, nahe Marseille stammte, war der Koch des Schauspielers Fernandel und der wollte seine Bouillabaisse mehrmals in der Woche essen. Sieben unterschiedliche Fische gehören rein:
Rascasse, Lotte, St-Pierre, Grondin, Rouget barbet, Loup de mer sowie Congre oder Drachenkopf, Seeteufel, Petersfisch, Knrurrhahn, Rotbarge, Seewolf und Meeraal.

Christophe Perrier, Joel Novack und Thierry Cortes: Echte Bouillabaisse im Saint Pierre
Wenn deutsche Fernsehköche wie LaferMälzerZacherl ihre sogenannte Bouillabaisses in dreißig Minuten zubereiten und dabei wesentlich Fischfond aus der Dose mit Tomatenmark verrühren, dann hat das mit
Safran: Vor dem Würzen ein "Infusion" herstellen
diesem exquisiten Gericht außer den Namen nichts gemein. Andreas Bernard hat im Magazin der Süddeutschen Zeitung diese DJ’s der Küche bedauert, da man ja – manchmal zum Glück - nichts schmecken könne. „Ein Koch im Fernsehen wirkt daher auf den ersten Blick völlig deplatziert, um seine eigentliche Kunst betrogen: wie ein Pantomime im Radio. Er kann allenfalls als versierter Kochdarsteller auftreten.“
Wenn Perrier ganz am Ende des vierstündigen Einköchelns pro Person ein halbes Gramm Safran – oder fünf Euro - in die Bouillon rührt, wird auch klar, daß seine Suppe nicht für neun Euro achtzig verkauft werden kann; so wie an der Hafenpromenade. Dort wird statt Safran mit Kurkuma (Gelbwurz) gefärbt, das farblich eine ähnliche Wirkung hat, jedoch kein Würzkraut ist. Und Vorsicht bei Sonderangeboten im Straßenhandel. Da werden schon mal die Blütenfäden der Färberdistel verkauft, getrocknete Fleischfasern oder, beim Safranpuder, sogar gemahlener Dachziegelstaub.Selbst angebauten Safran verkauft Carine Soulas in Foissac bei Uzes.

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Viel mehr zu Le Grau, Fischsuppe, Safran und dem Midi in meinem Buch "Durch den Süden Frankreichs" (700 Seiten, über 1.000 Bilder), das ich gerne signiert und portofrei zusende.

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Samstag, 7. September 2019

Peter Kurzeck in Uzès: Der fehlt einfach

Arbeitszimmer mit Blick auf den Boulevard
Samstags auf dem Markt in Uzes. Unseren Thé à la menthe, „nie mit Zucker“, haben Peter Kurzeck und ich meist früh am Vormittag im „L‘Oustal“ am Place aux Herbes getrunken. Ich habe fast immer gefroren dort im feuchten Schatten der dickmaurigen Arkaden; er nie, weil immer korrekt mit Weste, Sakko und Einstecktuch. Wenn wir uns dann verplauderten und ich die Verabredung mit meiner Frau im alteingesessenen (seit 1963) "Le Carola" am Boulevard Gide nicht so ganz einhalten konnte, gab er mir eine überzeugende Entschuldigung mit auf den Weg: 
„Rund um die Uhr reicht die Zeit nie ganz aus".
So räsoniert der Ich-Erzähler in seinem Roman „Als Gast“, und liefert das zeitliche Argument gleich mit. Der 1943 in Böhmen geborene Vielfachpreisträger lebte lange Jahre als sorgfältiger Archivar der eigenen Biographie nomadisch immer wieder mal auch mitten in Uzès und inventarisierte seine Umgebung; und mehr noch seine Erinnerungen. Nach seinem Tod hat er die nun ganz für sich allein.

Und wenn dann die Nachmittagssonne Schattenspiele der Platanen in sein Arbeitszimmer projiziert und der Nachbar nicht gerade in einem nächtlichen Renovierungsanfall mit dem Bohrer neben Kurzecks Bett die Wand durchstößt, dann kann er in Ruhe auch die zehnte Korrektur der schreibmaschinengetippten Seiten seinen Ansprüchen genügend zurechtfeilen. Den meiner Frau vor einigen Jahren beim „Hausacher Leselenz“ im Schwarzwald versprochenen Uzès-Roman kann er nicht mehr abliefern.

"Wenn ich schreibe, kann mir nichts passieren"
war er sich sicher. Meinen Pfefferminztee trinke ich gelegentlich auch heute noch im "L'Oustal" und friere vor mich hin.

Immer wieder überarbeitet und kein Lektor durfte dran rühren
 
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Viel mehr zu Uzès und dem Midi in meinem Buch "Durch den Süden Frankreichs" (700 Seiten, über 1.000 Bilder), das ich gerne signiert und portofrei zusende.

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Freitag, 30. August 2019

Nîmes: Mehr als Daudet und Arena

Daudet nachdenklich im Brunnen
Alphonse Daudets Geburtshaus in Nîmes liegt dort, wo man aus den Markthallen (La Coupole) auf den Boulevard Gambetta hinausgeht. Von dort geht es nach rechts in Richtung Amphitheater. Soweit das auf dem Boulevard Amiral Courbet, wie er wenig später heißt, wegen des ständigen Verkehrs überhaupt möglich ist, überqueren Sie ihn bei erster Gelegenheit. So kommen Sie an Daudets Denkmal auf dem Square de la Couronne vorbei, da, wo es in die Rue Notre Dame hineingeht.

Die Briefe aus seiner Mühle
hat er dort nie geschrieben 
Daudet, der früh nach Paris ging, um dort, wie sein älterer Bruder Journalist zu werden, hat sich mit vielen seiner Schriftstellerkollegen regelmäßig getroffen und ausgetauscht. In den Pariser Salons gehörten die Goncourts, Zola, Flaubert und Victor Hugo zu seinem Bekanntenkreis. Dennoch blieben Sozialkritik und Naturalismus Fremdwörter für Daudet. Selbst Werke wie „Numa Roumestan“ oder „Sappho“ sind im Vergleich zu Zolas schonungslosen Schilderungen immer noch mit einem sozialromantischen Weichzeichner geschrieben. Nur die Themen waren die gleichen: Armut, Reichtum, Kinderarbeit, Familienkampf. Daudet fühlte sich von den Ränken der Tagespolitik abgestoßen.
„Oh Politik, wie ich dich hasse! Unter deinen verschiedenen Kleidern immer dieselbe Verruchtheit; du trennst edle Herzen, die füreinander geschaffen wären, du einst Leute, die getrennt bleiben müssten, du machst den Edlen duldsam für den Schurken, wenn er nur seiner Partei zugehört. Du bist die Korruption des Gewissens, du machst die Lüge zur Gewohnheit, du machst die Menschen gleichgültig gegen die schönen Dinge.“
Das Amphiteater von Nîmes: Ringkämpfe (li) und Oper (re) im 19. Jahrhundert
Rund zwanzigtausend Besucher passen in das römische Amphitheater, das heute eine Sommerfunktion als auch blutige Stierkampfarena hat und im Winter, nach dem jährlichen Umbau, als Kulturzentrum für Tanztheater und kammermusikalische Abende dient. Beides ist in Nîmes gleichwertiges Kulturprogramm. So haben wir Glück gehabt, daß der Versuch Karl Martells die Arena niederzubrennen, mißlang. Für ein römisches Siegesdenkmal hatte er sie gehalten, mit Holz füllen lassen und angezündet - Spuren, die heute noch zu sehen sind.

Als Jean-Jacques Rousseau um 1740 die Arena besuchen wollte, waren, ebenso wie in Arles, die Arkaden und der Innenraum zugebaut:

„Dieses weitläufige und prächtige Amphitheater ist von häßlichen kleinen Häusern umgeben, und andere kleinere und noch häßlichere Häuser füllen seine Arena, so daß das Ganze einen ungleichartigen und verworrenen Eindruck macht, bei dem Ärger und Entrüstung Genuß und Überraschung ersticken."
Die Arenen von Arles (hier im Stich von
Peyret) und Nîmes als kleine mittelalterliche Städte
Mehrere tausend Menschen, wie auch in der Arena von Arles, lebten auf engstem Raum in den einhundertfünfzig Gebäuden der Arena; sogar eine eigene Kirche gab es, die dem Heiligen Martin geweiht war. Als zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Häuser abgerissen wurden, mußte man sie aus einer bis zu sieben Meter dicken Müll- und Schuttschicht ausgraben.

Hermann Ludwig Heinrich von Pückler-Muskau - Literat, Weltenbummler und „Gartenfürst“ - berichtet 1834 von einem Besuch, bei dem alles schon ganz anders aussah:

„Das Amphitheater, welches hunderte angebaute Hütten von außen und innen kaum entdecken ließen, steht jetzt frei und teilweise restauriert."
Liebend gerne hätte er sich in Nîmes im großen Stil landschaftsgärtnerisch betätigt, so wie im Bois de Boulogne, den er für Napoleon III. umgestaltete.

Für manch eine ist Nîmes nur Schuh-Einkaufs-Stadt
Nîmes erschließt sich am allerbesten zu Fuß; allerdings sollte man schon gut fünf bis sechs Kilometer durch die Stadt und den Jardin de la Fontaine einplanen; das ist nicht jederfraus Freude. Glücklicherweise ist Nîmes auch die Hauptstadt der Schuhgeschäfte, sodaß abgelaufene Absätze am besten mit ein, zwei oder drei Paar neuer Schuhe ersetzt werden.


Letztlich ein zufriedenstellendes Ergebnis eines Kulturspaziergangs durch Nîmes


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Viel mehr zu Nîmes und dem Midi in meinem Buch "Durch den Süden Frankreichs" (700 Seiten, über 1.000 Bilder), das ich gerne signiert und portofrei zusende.

So bewertet die FAZ: Eine „profunde Kulturgeschichte, glänzend formuliert, prachtvoll bebildert und vom Verlag wunderschön ausgestattet…die vielleicht fundierteste Darstellung zu diesem Thema, ganz gewiss ist es die am besten geschriebene“.

Professor Rainer Moritz, Leiter des Hamburger Literaturhauses, lobt im MDR die „hochinteressante Mischung aus Literatur, Kunst und Kulinarik“, und Martin-Maria Schwarz im HR „eine akribische Neuerkundung“. Zusammenfassend die Badische Zeitung: „Ein reiseliterarisches Meisterwerk“ und der NDR: „Ein ganz außergewöhnliches Buch!“


 

Samstag, 24. August 2019

Château Coujan: Top-Weißweine aus Saint Chinian

Die Schwestern Florence und Danièle Guy - heute ist Florence die alleinige Eigentümerin - haben im Jahr 2008 begonnen, die biologische Vielfalt und den nachhaltigen Schutz von Pflanzen und Tieren auf den insgesamt 140 Hektar landwirtschaftlich nutzbarer Fläche in den Mittelpunkt zu stellen. Wenn Sie heute dort durch die Weinberge gehen, werden diese immer wieder von Brachflächen
unterbrochen, viele medizinisch verwertbare Kräuter finden sich und noch mehr Insektenarten und Singvögel. Die Rebfläche beträgt nur 54 Hektar.

Mit Rücksicht auf die Natur baut Florence Guy nur auf einem Drittel ihrer Fläche Reben an
Château Coujan, sowohl das Schloß als auch das Weingut, sind geschichtsträchtige Orte. Font de Coujon hieß es einmal und noch heute gibt es dort die alten Quellen. Schon die Römer hatten hier, nicht weit von der Via Domitia, die Rom mit Spanien verband, mit dem Weinbau begonnen. Schon Plinius der Ältere beschreibt diese Weinkultur, die mit Gips, Harz und Pech die meist sehr süßen Weine haltbar machen wollte. Experimentierfreudig waren sie Römer: Den „billigen und schnellen“ Wein für die Sklaven und Landarbeiter produzierten aus bereits gepressten Trauben, die mit Wasser aufgegossen, genau 24 Stunden Mazerationszeitzeit hatte. Durch die Zugabe von Myrrhe, Muskat oder Zimt wurde anschließend der jeweils gewünschte Geschmack erzielt.

 
Florence Guy mit ihrem Vater
 
Den Pfauen können auf der Domaine überall in den Weinberger begegnen

Die erste urkundliche Erwähnung von Coujan stammt aus dem Jahr 966, als Graf Matfred von Narbonne und seine Frau Adelaide ihrem Sohn Raymond das Gut überschreiben. Danach taucht der
Name immer wieder in den Archiven auf, wenn sich die Einwohner von Coujan und Murviel etwa um Weiderechte oder Feuerholz stritten. Diese Streitigkeiten hatten auch politische Gründe, denn Coujan gehörte zu Narbonne und Murviel zu Béziers. Heute gehört die Domaine zur Gemeinde von Murviel-lès-Béziers und weinmäßig zur Appellation von Saint Chinian, die gerade einmal zwanzig kleine Dörfer mit zusammen 2.800 Hektar Rebfläche umfasst. Trotz der an sich geringen Anbaufläche betreibt die Appellation ein intensives Marketing – oft in Paris, manchmal auch an der 5th Avenue in New York.

Chinian wirbt in New York


Seltsamerweise werden die meisten Flaschen ins biertrinkende Belgien exportiert. Minervois und Faugères sind die angrenzenden Apellationen. Fast ausschließlich Rot- und Roséweine werden hier ausgebaut; der Anteil der Weißweine liegt bei weniger als einem Prozent. Zu den Ausnahmen gehört das Château Coujan, wo, auf biologischer Basis, knapp 15 Prozent Weißweine produziert werden. Ein besonderes Erlebnis ist der lange Gang, der durch den Weinkeller mit zum Teil über einhundert Jahre alten Fässern führt. Natürlich gehört da dann die Weinprobe dazu. Viele kulturelle Veranstaltungen auf dem Château, von Ausstellungen über Konzerte bis zu Filmabenden, lassen es hier nicht langweilig werden.


Château Coujan, 34490 Murviel-lès-Béziers, Frankreich, Florence GUY 04.67 .37.80.00

Samstag, 17. August 2019

Pagnol und Maupassant-Bücher: Leider ohne Hintergrund

Es war damals eines der Themen in Frankreich kurz vor der Wende zum 20. Jahrhundert: Das viele Geld, das französische Kleinanleger durch den verschleppten Konkurs der den Bau des Panama-Kanals finanzierenden Gesellschaft verloren hatten. Hinzu kam eine durch Bestechung zahlreicher Politiker, unter anderem von Clemenceau, zustande gekommene Lotterie, die vielen Bürgern weiteres Geld zu einem Zeitpunkt aus der Tasche zog, als den Insiders längst klar war, daß die Gesellschaft in Konkurs gehen würde. Wäre nicht kurz darauf die Affaire Dreyfus in den Mittelpunkt gerückt, in deren Verlauf ein Unschuldiger zweimal wegen Landesverrats verurteilt und der wahrhaft Schuldige freigesprochen wurde, hätte der Panama-Skandal deutlich höhere Wellen geschlagen.

Immerhin: Was im Großen funktioniert, funktionierte erst recht im Kleinen. Die Korruption in der sogenannten „besseren Gesellschaft“ ist das Thema von Marcel Pagnols "Topaze" (Mons, Dresden 23,90). Mit dem Stück feierte er 1928 seinen Durchbruch am Theater, bevor es gleich mehrfach verfilmt wurde. Ein zu ehrlicher Lehrer, Monsieur Topaze, wird in zwielichtige Machenschaften verwickelt – ohne es zu wollen. Der Dresdner Mons Verlag hat das Stück neu herausgebracht und mit einem wunderbar altertümlichen Titelbild von Michel Guy-Nochet versehen; Wolfgang Barth hat die Ausgabe übersetzt. Obwohl die Erinnerungen Pagnols über die französische Premiere im Anhang abgedruckt sind, wäre es gut gewesen, man hätte in den Materialien etwas mehr über den historischen Hintergrund und die Entstehungszeit erfahren können.
Das Gleiche gilt für Maupassants „Sur l’eau“ (Mons, Dresden, 11.90€), der bei Mons jetzt immerhin in zweiter Auflage erschienen ist. Kein Wort zum Autor, nichts über die Entstehungsgeschichte. Deshalb rate ich dann eher zu dem bei Mare erschienenen Band in deutscher Übersetzung und mit einem Nachwort von Julian Barnes versehen. Da lohnt dann auch der doppelt so hohe Preis.

Samstag, 10. August 2019

Lourmarin: Das versteckte Grab von Albert Camus

Das Lieblingsrestaurant von Albert Camus (siehe nebenstehendes cc-
Bild von John Pasden) war das „Ollier“ von Madame Hirtzmann in Lourmarin. Ab und zu deckt sie den runden Tisch im Nebenzimmer noch einmal genau so, wie bei seinem letzten Abendessen in ihrem Haus. Nachdem Albert Camus nach Lourmarin gezogen war, entwickelte er literarische Projekte, die nicht ganz zu seinem sonstigen Schaffen paßten. Eine Serie von Sonnenessays wollte er schreiben, über den Sommer, den Süden, die Feste. In seinem Tagebuch finden sich Einträge über den Tag, „der sprüht und strahlt“, über den Kinderlärm aus dem Dorf und den Springbrunnen im Garten.

„Allenthalben bricht Vogelzwitschern hervor, mit einer Kraft, einem Jubilieren, einem fröhlichen Mißklang, einem unendlichen Entzücken.“
Anfang Januar 1960 hatte er seinem Verleger Gallimard die neuen Projekte in Lourmarin vorgestellt. Bei einem Unfall im Auto von Michel Gallimard, dem Neffen des Verlegers, kam Camus ums Leben. An seiner Autobiographie mit dem Arbeitstitel „Der erste Mensch“ arbeitete er gerade. Das Fragment von „Le Premier Homme“ wurde erst mehr als dreißig Jahre nach seinem Tod veröffentlicht.

Wenn Sie sein Grab auf dem Friedhof von Lourmarin aufsuchen, werden Sie es wahrscheinlich zunächst nicht finden. Und das trotz oder


wegen des Hinweises gegenüber dem Eingang. Die verblichene Skizze erschließt sich nur dem geübten Kartenleser, manchmal nicht einmal dem. Gehen Sie nach links, bis es nicht mehr weitergeht und folgen der Friedhofsmauer nach rechts. Am Ende der Allee finden Sie direkt am Weg auf der rechten Seite einen Stein mit Namen und Lebensdaten von Camus, beides gerade noch zu entziffern. Links daneben das Grab seiner Frau, das Ihnen vielleicht zuerst ins Auge fällt. Den Plänen des französischen Politikers Sarkozy, ihn zu seinem fünfzigsten Todestag ins pompöse Pariser Panthéon zu überführen, hätte er mit Nachdruck widersprochen. Was soll er neben Voltaire, Zola und Hugo? Er war glücklich in Lourmarin, so glücklich wie sein Sisyphos, den wir uns, so sagte er, auch „als einen glücklichen Menschen vorstellen müssen“.

Fast ebenso versteckt ist das Grab von Henri Bosco, der neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit auch Konservator des Schlosses von Lourmarin war. Als Junge hörte er seine Eltern immer vom Fluß, von den Gefahren der schlammigen Hochwasser der Durance und der Rhone erzählen, die nicht weit vorbeiflossen, die er aber noch nie gesehen hatte. Der Vater hatte ihm das Spielen in der Nähe des Wassers verboten. „Und meine Mutter hatte hinzugefügt: ‚Im Fluß, mein Kind, gibt es Strudel, in denen man ertrinkt, Schlangen zwischen dem Schilf und Zigeuner an den Ufern.’ Das genügte, um mich Tag und Nacht vom Fluß träumen zu lassen.“ Vielleicht auch weil es in der Gegend von Lourmarin immer noch ein wenig heißer ist, als in der übrigen Provence, wie er in seinem Roman über den Hof Théotime beschreibt.

„Im August, kurz vor dem Abend, umarmt eine mächtige Hitze die Felder in unserem Land.“
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Viel mehr zu Grasse und dem Midi in meinem Buch "Durch den Süden Frankreichs" (700 Seiten, über 1.000 Bilder), das ich gerne signiert und portofrei zusende.

So bewertet die FAZ: Eine „profunde Kulturgeschichte, glänzend formuliert, prachtvoll bebildert und vom Verlag wunderschön ausgestattet…die vielleicht fundierteste Darstellung zu diesem Thema, ganz gewiss ist es die am besten geschriebene“.

Professor Rainer Moritz, Leiter des Hamburger Literaturhauses, lobt im MDR die „hochinteressante Mischung aus Literatur, Kunst und Kulinarik“, und Martin-Maria Schwarz im HR „eine akribische Neuerkundung“. Zusammenfassend die Badische Zeitung: „Ein reiseliterarisches Meisterwerk“ und der NDR: „Ein ganz außergewöhnliches Buch!“




Freitag, 2. August 2019

Laguiole - ein Name ohne Wert

Feinste Handarbeit.   Bild Forge de Laguiole
In Solingen ginge das nicht! Wenn ein Messerschmied in Laguiole – genau, da wo die Messer ihren Namen herhaben – sein Messer Laguiole nennt, ist er in Gefahr, wegen Fälschung eines pakistanischen oder chinesischen Produkts verklagt zu werden. Der französische Unternehmer Gilbert Szajner, der unter anderem asiatische Billigmesser vertreibt, hatte sich die Namensrechte bereits 1993 gesichert. Bürgermeister Vincent Alazard ging dagegen gerichtlich vor. Ohne Erfolg. Rund einhunderttausend Euro Anwalts- und Prozeßkosten muß die Gemeinde mit ihren 1.300 Einwohnern nun dem Rechteinhaber bezahlen. Symbolisch hat der Bürgermeister daraufhin die Ortsschilder abgeschraubt.

Ein Gesetz, das künftig die Nutzung von Ortsnamen regelt, wird für die Einwohner von Laguiole zu spät kommen; es gilt natürlich nicht rückwirkend. Nicht einmal mehr der hier fabrizierte Rohmilchkäse darf Laguiole-Käse heißen.



Oben Calmels erstes Laguiole mit Horngriff und sein Muster, das Navaja. Bilder Lennertz

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren in Südfrankreich das Capuchadou, mit feststehender Klinge, und ein spanisches Taschenmesser, das Navaja, weit verbreitet. Aus diesen Vorbildern hat Pierre-Jean Calmels um 1830 das Laguiole mit seinem damals typischen Horngriff entwickelt. Also ein früher Produktpirat, nicht viel anders als die chinesischen Hersteller, die man zuhauf über die Homepage von Alibaba findet, dem e-Commerce-Giganten von Jack Ma, der bei seinem Börsengang im Jahr 2014 mehr als 25 Milliarden Dollar eingesammelt hatte.

Coutellerie von Pierre-Jean Camels,
dem Erfinder des Laguiole-Messers. Postkarte Lennertz
Fast könnte man die These aufstellen, daß das neu-deutsche Marketing-Instrument des Storytelling von den ersten Messerschmieden in Laguiole erfunden wurde. Um das Messer ranken sich viele Geschichten. Von der Messertaufe mit einem Frauennamen – Florence, Odette oder Cecile - bis hin zur Geschichte, daß ein verschenktes Laguiole die Freundschaft zerschneidet. Deshalb müsse der Beschenkte seinem Freund mindestens einen Centimes zurückgeben und es so „kaufen“. So wird aus dem einfachen Hirten- und Bauernmesser ein Prestigeprodukt, das es bald schon mit fein gearbeiteten Ziselierungen und Griffen etwa aus Elfenbeim zu kaufen gibt.

Heute bewegen sich die Preise zwischen asiatischen 2 Euro und reichen bis zu 1.200 Euro, wenn etwa eine Damaszenerklinge mit Elfenbeingriff einem französischen Staatsgast überreicht wird.


Sehr unterschiedlich ausgelegt werden die Verzierungen des Messers, die Biene - für manche auch eine Fliege -, die in Form eines Steinkreuzes eingelassenen Metallstifte und der Wellenschliff oben auf der Klinge. Für manche sind es „nur“ die Symbole für die Elemente Luft, Erde und Wasser. Andere sehen eine religiöse Symbolik: Das Steinkreuz hätten die Hirten auf den einsamen Causses des Larzac oder der Auvergne in den Boden gestoßen und dann davor ihre Gebete gesprochen.

Wenn Sie auf dem Flohmarkt besonders großes Glück haben, wird Ihnen dort ein Messer angeboten, in das die Längen- und Breitengrade sowie der Name des Besitzers eingraviert sind. Wenn Sie das geografisch nachverfolgen, landen Sie in Algerien und haben das Messer eines Fremdenlegionärs entdeckt. Sofort kaufen!

Nun müssen Sie selbst entscheiden, wie und wo Ihr Laguiole-Messer produziert und herkommen soll. Einen Überblick über die Kriterien finden Sie auf der Homepage von Petra und Max Lennertz.

Gut beraten sind Sie mit Produkten der Schmieden Laguiole en Aubrac, Fontenille Pataud, Honoré Durand und Forge de Laguiole. Mein Messer besitzt eine Damaszenerklinge, die Arnaud Grafteaux von Durand geschmiedet hat - wie das hergestellt wird, sehen Sie HIER IM VIDEO von Jean-Paul Girbal; sechs Minuten aus der Hitze der Werkstatt unterlegt mit zum Träumen anregenden Winterbildern aus der Auvergne, die mehr so aussehen, als seien sie in der Eifel gedreht und nicht in Südfrankreich.

Samstag, 20. Juli 2019

Saint-Quentin-la-Poterie: Töpfermuseum

Die ganze Vielfalt des Töpferhandwerks
Normalerweise haben Städtchen mit knapp dreitausend Einwohnern museal nichts zu bieten – manchmal ein Heimatmuseum. In Saint-Quentin befindet sich, verteilt auf zahlreiche Ausstellungsräume, das Musée de la Poterie Méditérranéenne (hier im Video), nicht irgendein kleines Töpfermuseum, sondern das Töpfereimuseum des gesamten Mittelmeerraumes.

Es ist gut ausgeschildert, ist also leicht zu finden (14, rue de la fontaine. Tel 0033 466 03 65 86). Ausstellungsstücke aus dem gesamten Mittelmeerraum ab dem 18. Jahrhundert werden hier gezeigt; abwechslungsreich durch die zahlreichen Sonderausstellungen. Erstaunlich wie man Keramiken einsetzen kann. Von den berühmt-berüchtigten „Rumstehseln“, die Ihre Frau engagiert vom VHS-Kurs nach Hause trägt und hoffentlich schnell weiter verschenkt, ist hier nicht zu sehen. Brotöfen, Tierfallen, Baumaterialien, Vorratsgefäße…und alles aus Ton.

Vase d'Anduze
Das Töpfern wird hier seit dem Mittelalter betrieben. Ende des 19. Jahrhunderts wurde dem Ort der Namenszusatz "La-Poterie" von Staatspräsident Jules Grévy verliehen.

Wenn Sie nach dem Museumsbesuch ein kleines Restaurant mit einem guten Preis-Leistungsverhältnis suchen, könnte "La Cuisine du Boucher" nicht weit von der Tourist-Info das richtige sein. Wie der Name schon sagt, ist hier eher ein Steak angesagt, als vegetarische Küche. Zum Übernachten bietet sich das "Les Clos de Pradines", absolut ruhig und oberhalb des Ortes gelegen. Einziger Nachteil ist der Pool, der nah an der Terrasse des Restaurants liegt. Wenn da gerade Kindergeburtstag gefeiert wird, kann es etwas lauter werden.

Nicht weit von hier, in Anduze, wurden und werden die Tonvasen hergestellt, mit denen Ludwig XIV. sich das Schloß von Versailles ausstatten ließ.