Freitag, 29. September 2017

Sanary: Thomas Mann und Lion Feuchtwanger als "Clan-Chefs"


Zwei „Haupt-Clans“ hat es in Sanary-sur-Mer, dem Örtchen, das für ein paar Jahre die "Hauptstadt der deutschen Literatur" geworden war, wie Ludwig Marcuse sich in seinem Buch "Mein zwanzigstes Jahrhundert" erinnerte, gegeben.
„Der eine, die Haute Culture, drehte sich um Thomas Mann, um den Zauberer, wie seine Kinder ihn nannten. Der andere wurde von Lion Feuchtwanger beherrscht. Komischerweise waren es kommunistische Neigungen und oder finanzieller Erfolg, die Feuchtwanger und seine Satelliten zusammenhielten.“
Nicht feindlich, viel schlimmer, gönnerhaft und überheblich ging es
Ziemlich beste Feinde: Feuchtwanger und Thomas Mann
zwischen den Lagern Feuchtwanger und Mann zu. Während Mann und Feuchtwanger später in Hollywood , wie Hermann Kesten meinte, „gut Freund“ miteinander waren, war dies in Sanary noch anders. Den
„kleinen Meister“
nannte Thomas Mann seinen Kollegen herablassend. Eleganten Abstand zu seinem Bruder fanden Heinrich Mann und seine Frau Nelly Kröger. Heinrich hätte den auch viel besser in den Kreis von Brecht und Feuchtwanger gehört und sicher wäre er kreativ dabei gewesen, als die beiden das "Kommunistische Manifest" in einer einzigen Nacht in Gedichtform brachten.
 Und nur, wenn man gemeinsam über die Briten herzog, bestand ein Grundkonsens zwischen den Gruppen, und das
„mit einem Hochmut, der eines de Gaulle würdig gewesen wäre“.
Dieser kleine gemeinsame Nenner wurde regelmäßig im Vorgarten des Amerikaners Seabrook überprüft und erneuert. Nur ihm gelang es, sie alle auf sein neutrales Gelände einzuladen:
Die haute volée des deutschen Geistes mit seinen Geistinnen. Die Herren im Besten, was sie hatten, die Damen sogar mit Hütchen, aus längst verblühten Tagen.“
Nur Seabrook fiel mit Badeschlappen, alten Fischerhosen und blankem Oberkörper erwartungsgemäß aus der Rolle.

Im Alter hatte sich die anerkennende Abneigung zwischen Thomas Mann und Feuchtwanger gelegt und war respektvollen Seitenhieben gewichen. Sogar noch in der Festschrift zu Feuchtwangers 70stem Geburtstag stellte Mann nicht den Schriftsteller in den Vordergrund.
„Ein Lebenskünstler, behaglich in der Arbeitsamkeit“, wisse der „Lion seinem harten Fleiß überall die angenehmsten Bedingungen zu sichern“.