Samstag, 27. April 2019

Pont du Gard: Bauwerk für Jahrtausende


Für viele das Sinnbild des französischen Südens: Der Pont du Gard
Die anrührendste Szene aus den vielen Beschreibungen des Pont du Gard liefert der Volksstückeschreiber und Regisseur Marcel Pagnol. Er erinnert sich an seinen Großvater, einen Steinmetz, der bei den regelmäßigen Ausflügen an den Pont du Gard immer wieder eine bestimmte Stelle aufsuchte, und dort, seine römischen Kollegen bewundernd, mit der Hand über Steine und Fugen strich.
„Nach dem Essen setzte er sich ins Gras, die Familie gruppierte sich im Halbkreis um ihn herum. So verweilten sie im Angesicht der tausendjährigen Brücke, einem Meisterstück römischer Baukunst, das der Großvater bis zum Abend nicht mehr aus den Augen ließ.“
Das hätte beim amerikanischen Romancier Henry James nur ein verständnisloses Kopfschütteln hervorgerufen: „Und all das nur, um das Wasser von ein paar Quellen zu einer kleinen Provinzstadt zu leiten!“ Von Haus aus wohlhabend, studierte James erst kurz an der Harvard-Law-School, ehe er beschloß Schriftsteller zu werden, nach Europa reiste und 1882 seine „Kleine Frankreichtour“ schrieb.

Prosper Mérimée, 1834 zum Verantwortlichen für die systematische Erfassung und Instandsetzung der französischen Baudenkmäler ernannt - aber auch als Novellist und Übersetzer Puschkins, Gogols und Turgenjews hervorgetreten -, bewunderte neben der Bauleistung vor allem die auf Langfristigkeit angelegte Planung der römischen Baumeister.


An verschiedenen Stellen ragen aus dem Pont du Gard noch heute die Steine heraus, die das Gerüst trugen. Nach Beendigung des Bauwerkes hätte man sie leicht entfernen können, aber die Bauverantwortlichen entschieden dagegen:
„Welches Vertrauen doch die Römer auf die Dauer ihres Reiches setzten, daß sie vorhersahen, man könne eines Tages den Pont du Gard reparieren müssen.“ 
Direkt aus dem Pont du Gard Steinbruch:
Eine "römische" Gartenmauer im Nachbarort Vers
Nicht alle im Pont du Gard verbauten, so wunderschön zugeschnittenen Steine haben die Zeit überstanden. Viele finden sich heute als Türsturz, Fensterbank oder gar Gartenmauer benachbarter Häuser wieder.


Nur zufällig im Zweiten Weltkrieg nicht zerstört


Das hatten sich die Strategen der Wehrmacht gut ausgedacht: Wenn man ein Munitionslager in der Nähe des Pont du Gard errichtete, würden die Alliierten von einer Bombardierung absehen. Und dem war auch so. Dann aber, nach der Landung und dem Vormarsch der Amerikaner und Briten in Südfrankreich versuchten die Deutschen das Lager, das aus immerhin 159 Baracken bestand, zu sprengen. Doch glücklicherweise hatte die Sprengschnur einen Defekt und so blieben auch die Dörfer Vers und Castillon verschont. Nach dem Krieg dauerte es zwei Jahre, bis fast fünfzigtausend Tonnen Munition geborgen und vernichtet werden konnten.

Während der ersten zweitausend Jahre hat er das nicht nötig gehabt. Ganz anders die zu Beginn des 17. Jahrhunderts auf Höhe der untersten Pfeiler angebaute Brücke, die schon nach gut einhundert Jahren von den Architekten Laurens und Daviler restauriert werden mußte. Fast vierzig Jahre, bis 1747, wurde daran gearbeitet. Gut über zweihundert Jahre ist der Verkehr zwischen Nîmes und Uzès über dieses Brückchen gefahren, das auch in späterer Zeit immer wieder verstärkt und ausgebessert werden mußte. Dem römischen Teil des Pont du Gard haben nicht einmal Busse, Lastwagen und schwere Militärfahrzeuge etwas anhaben können.