Samstag, 2. Februar 2019

Wie die Strömung der Rhône für Nachschub auf dem Friedhof sorgt

Das Gräberfeld der Alyscamps: Hier wurde jeder beerdigt, der bezahlt hatte.
Heute findet man arabische und jüdische Gräber einträchtig zusammen mit denen der Christen auf dem Gräberfeld der Alyscamps, «dem vornehmsten Begräbnisplatz der Erde», wie der junge Hofmannsthal das empfand. Auf diesem Friedhof begraben zu liegen, war im Mittelalter derartig begehrt, daß viele Totentransporte von weit her kamen. Das mochte im Winter noch angehen, im Sommer trat die Verwesung jedoch so schnell ein, daß viele einen anderen, aber weniger sicheren Weg wählten.

Der Rhônebogen im Norden von Arles, an der Stelle ungefähr, von wo van Gogh seine nächtliche Stadtansicht gemalt hat, ließ fast alles


Hier an van Goghs Rhônebogen wurden die Toten angeschwemmt.
Treibgut des Flusses anstranden. Und die Menschen von Pont-Saint-Esprit, Château-Neuf, Tarascon, Aramon oder Montfrin packten ihre Toten in große Fässer, salzten sie gut ein und schickten sie voller Gottvertrauen auf die Reise nach Arles. Damit dort dann Grab und Bestattung bezahlt werden konnten, legte man den Toten ein paar Goldstücke unter die Zunge. Anfangs war das Vertrauen der Hinterbliebenen wohl gerechtfertigt.

Doch später zogen die Rhôneanlieger oberhalb der Stadt das Treibgut ans Ufer, nahmen sich die Goldstücke und ließen dann das Faß weitertreiben. Und in Arles hatte dann verständlicherweise niemand mehr ein Interesse daran, die Leichname auf eigene Kosten zu beerdigen.