Samstag, 6. Oktober 2018

Pont du Gard: Das Wasser fließt bergauf

Domnine Reynert erklärt die dicken Kalkablagerungen
in der abgedeckten Wasserrinne oben auf dem Pont du Gard 
Die Leistungen der römischen Bauingenieure sind beeindruckend: Über fünfzig Kilometer wird das Wasser der Eure von der Quelle bei Uzès bis Nîmes geleitet. Nur gut zwölf Meter beträgt insgesamt das Gefälle, wie Domnine Reynert erklärt, die Pressechefin der Site du Pont du Gard. Fünf Meter weniger, als immer noch in den meisten Reiseführern zu lesen ist. Einige Eindrücke vom Pont du Gard und ein Gespräch mit Zweisternekoch** Jérôme Nutile HIER im VIDEO (etwa ab Minute 20).

An manchen Stellen gelang es den Römern, durch eine Verengung des Kanals das Wasser so zu beschleunigen, daß es bergauf floß. Mit Domnine den Weg durch den Wasserkanal der obersten Arkadenreihe zu machen, ist ein Erlebnis. Von Louis Benoit erzählt sie, einem Schlosser, der den Pont du Gard 1611 bestieg und seine Handwerkermarke, einen Schlüssel, in den Stein einritzte.

Seither haben alle Handwerker, die im weitesten Sinne dem Bausektor zugerechnet werden, vom Zimmermann über den Steinmetz natürlich bis hin zu den Schlossern das Recht, sich hier zu verewigen. Nur allerdings, solange sie sich auf ihrer einjährigen Wanderschaft, ihrer „Tour de France“ befinden.Wen der seltene Vorname von Domnine Reynert an etwas erinnert: Sie stammt aus Sisteron und ja, ihre Eltern haben Sie nach der Romanfigur von Paul Arène getauft.

Lange hielt sich die Legende, die Olivenbäume
am Pont du Gard seien während des Baus gepflanzt worden.
Tatsächlich sind sie ein paar hundert Jahre alt,
kommen aus Spanien und stehen seit gut 60 Jahren hier.
Und auch andere Legenden um den Pont du Gard rückt sie zurecht. Die drei alten Olivenbäume auf dem linken Ufer - kaum jemand kann daran vorbeigehen ohne Frau, Kind, Hund oder wen auch immer darunter zu fotografieren - stammen nicht aus der Zeit um Christi Geburt, wie immer wieder zu lesen ist. Es sind nicht einmal französische Bäume, sondern rund tausendjährige Olivenbäume aus Andalusien, die nach dem großen Frost von 1956 hierher verpflanzt wurden.
Und auch die Geschichte, daß die Römer den Pont du Gard in einem leichten Bogen gebaut hätten, um so ein Gegengewicht gegen den Mistral zu berücksichtigen, ist eine Mär. Tatsächlich haben sie ihn kerzengerade über den Fluß gezogen. Die inzwischen sichtbare Wölbung ist den Sonnenstrahlen zuzuschreiben. Täglich 5 Zentimeter gegen die Steine auseinander, um sich nachts 4,999 Zentimeter wieder zusammen zu ziehen. So entsteht eine jährliche Lücke von 2 Millimetern auf der Sonnenseite, die sich im Laufe von zweitausend Jahren zu einer insbesondere im Wasserkanal deutlich erkennbaren Kurve entwickelt hat.

Obwohl die Bauarbeiten an unterschiedlichen Stellen gleichzeitg begannen, stimmten überall die Anschlüsse. Sogar bergauf ließen die römischen Ingenieure das Wasser fließen, in dem sie die den Kanal enger machten und so die Fließgeschwindigkeit erhöhten. Mehr als tausend Arbeiter waren beschäftigt, über fünfzigtausend Tonnen Stein wurden verbaut. In Nîmes endet der Kanal im Castellum divisorium,


Leicht zu finden: Vom Office de Tourisme gerade mal ein paar Meter den Berg hoch
einem Verteilbecken, aus dem heraus das Wasser durch Bleirohre in die einzelnen Stadtteile geleitet wurde. Mehr darüber HIER AUF DER HOMEPAGE VON NIMES .So jedenfalls konnte die Großstadt Nîmes jahrhundertelang mit täglich zwanzigtausend Kubikmetern frischen Quellwassers versorgt werden: Also rund vierhundert Liter je Einwohner.
Von dieser Seite noch stabil aussehend, aber die andere...siehe Film unten
Vor lauter Pont du Gard wird aber die kurz vor dem Zerfall stehende Römerbrücke an den Stadtgrenzen von Uzes und Blauzac vergessen. Anderswo wäre man froh ein solches Kleinod touristisch vermarkten zu können. Hier aber ist die verantwortliche Stadtverwaltung von Uzes offenbar froh, wenn die Brücke bei den Überschwemmungen der nächsten Jahre endgültig zerstört wird. Jacques Roux hat das im April 2015 in einem Artikel für den "Midi libre" aufgegriffen. Hier EIN FILMISCHER EINDRUCK von dem, was da im wahrsten Sinne des Wortes den Bach runtergeht. Les Seynes heißt das im Sommer harmlose Bächelchen, das sich aber mit den Regen des Spätherbstes in einen bis zu einhundert Meter breiten Strom entwickelt.