Samstag, 1. Dezember 2018

Moritz Hartmann, Sabatier und La Tour de Farge

Der Journalist, Republikaner und in Deutschland steckbrieflich gesuchter Mitstreiter der badischen Revolution, fand in Frankreich ausgerechnet Zuflucht auf einem Schloß, Latour de Farge, das der Familie des adeligen Schriftstellers und Malers François Sabatier d'Espeyran gehörte.

Zum großen Künstlerfreundeskreis von Sabatier gehörte unter anderem der Maler Gustave Courbet, der das Schloß von Norden her durch die Weinberge gesehen malte; viele seiner Bilder finden Sie im Museum Fabre in Montpellier. Von Latour aus also schrieb Hartmann, ähnlich wie Daudet aus seiner Mühle, Briefe aus seinem Schloß, die dann etwa in der Hannoverschen Presse oder der Zeitschrift „Das Museum“ veröffentlicht wurden.


Nach den Beschreibungen Hartmanns werden Sie das Schloß noch heute finden - wenn nicht folgen Sie den Hinweisen auf der HOMEPAGE.
„Wie ein Posten von der ungeheueren Festungsmauer des Cevennengebirges blickt es klug und mutig weit hinaus über die Ebene Niederlanguedocs bis ans Meer. Hundert Schritt gegen Süden und man befindet sich an der Eisenbahn und in der Ebene. Gegen Osten blickt man auf die weingesegneten Ebenen von Lunel.“
Als kleine Hilfe noch - obwohl, eher ist es schon eine große - der Hinweis, daß Sie nur nach dem einzigen Hügelchen in der Petite Camargue Ausschau halten

Tour de Farges, wie die Doamine heute heißt                     Bild: Domaine
müssen, und daß Sie es heute unter La Tour de Farge finden und nicht mehr unter Latour. Und ganz grundlos müssen Sie auch nicht herfahren, schließlich wird heute auf der Domaine ein ebenso

Ein trockener Muscat petit grains wird hier neben dem Vin doux produziert. Bild: Domaine
hochdekorierter wie hochprozentiger Muskatwein produziert, noch handgelesen die Trauben und bei niedrigen Temperaturen fermentiert.

Vom Schloß selbst sind nur noch zwei Türme übrig geblieben, von denen einer schon zu Hartmanns Zeit zum Taubenturm umfunktioniert war. Das rettete ihn davor, während der Französischen Revolution dem Erdboden gleichgemacht zu werden.
Speisesaal               Bild OT Lunel


Der dritte Turm stammt vom Beginn des 19. Jahrhunderts und gehörte zur Telegraphenlinie des Erfinders Claude Chappe. Der hatte sich ein optisches System ausgedacht, ähnlich der Flaggentelegrafie auf See. Alle zehn bis elf Kilometer stand einer seiner Türme mit beweglichen Holz- oder Metallarmen, mit denen man Buchstaben, Worte oder kurze Sätze zum nächsten Turm übertrug. Ein System, von dem vor allem Napoleon profitierte, weil es weit schneller und sicherer war, als die früher ausgesandten Kuriere. Auf eine Geschwindigkeit von bis zu 135 Kilometern in der Minute konnte es ein Zeichen bringen, wenn die Wachmannschaften geübt waren.

In der Schloßbibliothek fand Hartmann eine Ode über die Landschaft des Languedoc, die der Kamisardenanführer Pierre Laporte, genannt Rolland, im Jahre 1703 seinem General Jean Cavalier zur Hochzeit widmete. Cavalier, erst Schäferjunge und dann Bäckergeselle hatte

Die Landschaft des Languedoc vom zerfallenen Schloß Vézénobres aus gesehen. Ganz in der Nähe 
bei Martignargues, hat eine große Schlacht  zwischen Kamisarden und Königstruppen stattgefunden.
 
sich in den Kämpfen durch besondere Verwegenheit hervorgetan, aber auch seinen Kamisarden ein strategisches Verhalten beigebracht, das sie gegen die gut ausgebildeten Königstruppen lange widerstehen ließen. 
„Du findest dort die Milde des Himmels,
die Fruchtbarkeit des Bodens,
die Mannigfaltigkeit der Felder,
des Weingartens, der Wiese,
die Verschiedenheit der Früchte,
die Annehmlichkeiten des Hügels und der Ebene.“ 
 
Wenig später wurde Moritz Hartmann dann auch in Frankreich als „verdächtiges Individuum“ angesehen und für kurze Zeit sogar im Staatsgefängnis Mazas interniert.