Samstag, 22. September 2018

Bouillabaisse in Marseille - Les Goudes


Eine Fischsuppe in Marseille. Einmal sollten Sie sich die Bouillabaisse, die überall zwischen 50 und 60 Euro kostet, gönnen. Dann sollte es aber auch eine sehr gute sein.
Bouillabaisse-Kochen für meine Dokumentarfilme
mit Nicolas Pinchinot und Antoine Chosson
 Für mich gibt es genau zwei Orte, an denen ich sie vorbehaltlos empfehlen kann: 1. Bei Didier Tani in der „Grand Bar des Goudes“ in Les Goudes bei Marseille (dazu das folgende einminütige VIDEO ) und 2. bei Christophe Perrier im "Saint Pierre" in Le-Grau-du-Roi. In beiden Restaurants habe ich den Köchen vom Anlanden der Fische über die stundenlange Zubereitung der Bouillon bis zum Einlegen der Edelfische über die Schulter geschaut und natürlich probiert.

Bouillabaisse bei Didier am Hafen von Les Goudes.
Authentischer kann die Umgebung nicht sein
Für beide Restaurants ist das filmisch auch ausführlich  dokumentiert. Sie können sich das das hier für Les Goudes und hier für Le-Grau-du-Roi ansehen; das dauert allerdings je 45 Minuten und umfasst viele weitere Themen.

Manche Restaurants um den Alten Hafen von Marseille weisen auf die Charta der Bouillabaisse hin; das heißt aber zunächst nicht mehr, als daß diese Charta auch draußen hängt. Oft können Sie reinfallen, wobei man es selbst erst merkt, wenn man den Vergleich hat, es also zu spät ist. Sehr gut ist sie im Restaurant „Miramar“, gleich zu Beginn des Quai du Port.


Ebenfalls sehr gut wird die Bouillabaisse in dem alten Traditionsrestaurant von Maurice Brun geköchelt; es befindet sich ziemlich genau gegenüber des „Miramar“ am Quai de Rive Neuve. Wenn Sie hier einen Tisch reservieren, sollten Sie das für die erste Etage tun, von wo Sie einen schönen Blick über den Hafen hinweg auf das Panier-Viertel haben. Nur die Sünden der ersten Häuserzeile, die nach der Sprengung der alten Gebäude durch die deutsche Wehrmacht dort erstellt wurden, sollten Sie übersehen. Wenigstens das Rathaus und ein paar weitere Gebäude wurden verschont..

Wenn Sie die Bouillabaisse in einer Umgebung suchen, in der sie zuhause ist, dann fahren Sie auf der Corniche immer weiter nach Osten, im Prinzip solange es geht und solange „Les Goudes“ auf den Wegweisern steht. Gönnen Sie sich das Vergnügen nicht direkt vor das Restaurant, die „Grand Bar des Goudes“, zu fahren, denn so etwas wie Parkplätze gibt es dort ohnehin nicht. Stattdessen fahren Sie ein paar hundert Meter bis in die Calanque von Callelongue, wo dann jede Straße aufhört, Sie aber vor der Ansammlung alter Fischerhütten leicht und so sicher parken, wie das in Marseille eben geht. So kommen Sie in den Genuß eines viertelstündigen Spaziergangs direkt an den Klippen entlang.


Wenn Sie aus dem Spaziergang eine Wanderung machen möchten, gehen Sie einfach nach Osten weiter und sind dann, wenn alles glatt geht und Sie genug zu trinken dabei haben, in fünf oder sechs Stunden in Cassis. Die Strecke führt entlang der schönsten Calanques. Vielleicht sehen Sie sich aber die Tour erst einmal vom Wasser an - HIER im VIDEO - und entscheiden dann, ob diese Strapaze das richtige für Sie ist.


Hier wartete die deutsche Wehrmacht auf die Landung der Alliierten im Mittelmeer. Heute teure Ferienhäuser.

Eine Besonderheit auf dem Weg nach Les Goudes sind die alten deutschen Bunkeranlagen aus dem zweiten Weltkrieg. Erst sollten sie gesprengt werden, was ziemlich mißlang - zu stabil gebaut. Dann kam die Stadt Marseille auf die Idee, sie zu verkaufen und löste einen regelrechten Run aus. Für wenig Geld konnte man in den siebziger Jahren einen Bunker kaufen, fensterlos zwar, aber immerhin mit einer bewohnbaren Grundfläche von 108 Quadratmetern und oft mit direktem Meerzugang oder unverbaubarer Sicht. Aus manchen wurden komfortable Ferienhäuser oder sie wurden, etwa zu einem Restaurant, umfunktioniert. Die Wände speichern die Wärme so gut, daß im Winter nicht geheizt werden muß. Verkauft werden Sie heute nicht mehr, nur vererbt.


In der Küche von Didier Tani in Les Goudes. Acht Sorten Fisch aber niemals eine Languste.
Das Bild rechts (und die beiden unten) stammt von Didiers Vater, einem Fischer, der seine Bouillabaisse immer am Strand kochte.
Auch Didier Tani, der Patron der „Grand Bar des Goudes“, - jetzt sind wir endlich da - hat sein Restaurant geerbt. Sein Vater hat sein ganzes Leben als Fischer gearbeitet und das Restaurant liegt direkt am Hafen über den Booten. Didier hat festgestellt, daß mit einer ehrlichen und hochqualitativen Bouillabaisse mehr Geld zu verdienen ist, als mit dem mühsamen Fang der Felsenfische für die Bouillon und dem der Edelfische für die Beilage. Ausschließlich mit Fischen, die noch aus dem Mittelmeer kommen und ohne jeden Firlefanz wird die Suppe hier gekocht.

Ursprünglich war es eine Suppe, die sich die Fischer morgens während der Rückkehr in den Hafen schnell selbst kochten und dazu natürlich vor allem die Fische nahmen, die sie erfahrungsgemäß später nicht mehr so gut verkaufen konnten. So wird auch schnell klar, daß die Languste sicher nicht hineingehört. „Das wird trotzdem ab und zu am Alten Hafen gemacht. Man bekommt von dem Geschmack einer Languste nichts mit, aber der Wirt nimmt zehn Euro mehr.“
  
An sich ein langgeübter Trick zur Umsatzsteigerung. In den fünfziger Jahren stellte der Schriftsteller Wolfgang Koeppen fest: Oft erwarte man in Marseille „nur den Strom geldausgebender Touristen, denen man die Bouillabaisse vorsetzt, in der ein einsames Langustenbein schamrot den Preis von 1000 Francs zu rechtfertigen versucht“.

Jeden Morgen liefern die Kollegen, die mit ihren Booten gegen zwei Uhr morgens rausfahren, ihren Fang bei Didier Tani ab. Das können ruhig ordentliche Mengen sein, denn bis zu einhundertmal kommt das Fischgericht täglich aus der Küche.

 
Erinnerungen an Didier Tani's Vater                    Bilder: Tani
Voller Stolz hat Didier zahlreiche Fotos seines Vaters im Restaurant aufgehängt. Sogar Thunfische und Wale hat dieser hier in der Nähe gefangen. Als sein Vater, zunächst an zwei Tagen in der Woche mit dem Restaurant anfing, gab es eine Besonderheit. Statt die Bouillabaisse zu salzen legte er kurz vor dem Servieren einen handgroßen Kieselstein in jeden Teller, über den hinweg die Suppe aufgetan wurde. Die Steine hatte der Vater entlang des Spülsaums gesammelt, wo sie mit einem Meersalzüberzug versehen worden waren. Das wäre heute nicht einmal mehr in Frankreich erlaubt; statt dessen wird mit Fleur de Sel aus der Camargue gesalzen. Didier erzählt solche Geschichten, als hätte er sie vorher bei Alphonse Daudet gelesen.

Noch mehr auf der Homepage des Restaurants: HIER der Link.