Samstag, 4. März 2017

Jean Giono: Der Mann, der die Bäume pflanzte

 
Wer heute zu Fuß oder mit dem Wagen in den waldreichen Cevennen unterwegs ist, kann sich kaum vorstellen, daß diese Landschaft zweihundert Jahre zuvor fast kahl gewesen ist. Über Jahrhunderte hatten die riesigen Tannen- und Buchenwälder als Bau- und Brennholz herhalten müssen, ohne daß sich jemand Gedanken gemacht hätte, wo die kommenden Generationen ihr Holz herholen sollten.

Mitte des 19. Jahrhunderts begann der Förster Georges Fabre mit der Wiederaufforstung der Cevennen. Sein Pendant auf der anderen Seite der Rhone war der Schäfer Elzéard Bouffier, dem Jean Giono mit seiner Geschichte „Der Mann, der die Bäume pflanzte“ ein Denkmal setzte. Wenn Sie knapp zwanzig Minuten Zeit haben, lohnt der Film von Margret und Jürgen Vanscheidt, den Sie HIER ANSEHEN können. Die umgewandelte Super8-Qualität ist naturgemäß nicht mehr berauschend, es lohnt aber wegen der Nähe zu Gionos Text und einem guten Gespür für die Bilder. Selbst wenn Sie gar keine Zeit haben, sehen Sie sich einen oskarprämierten Zeichentrickfilm HIER (in langsam gesprochener und gut zu verstehender französischer Sprache)an: Frédéric Back hat ihn 1987 gedreht und neben dem Oskar auch die Goldene Palme in Cannes dafür gewonnen. Sowas von zurecht!


Ausgerechnet in der Modezeitschrift „Vogue“ erschien 1954 der Erstabdruck von Gionos Geschichte.
„Dieser Mann war mehr als ein Schäfer, denn er pflanzte täglich hundert Eicheln und andere Baumsamen in den verkarsteten Boden, denn er hatte erkannt, daß das Land ohne Bäume sterben würde und beschloss, dem abzuhelfen. So Gott ihm das Leben gönnte, würde er in dreißig Jahren so viel gepflanzt haben, daß diese zehntausend bereits gepflanzten Bäume sich dagegen wie ein Tropfen im Meer ausnehmen würden.“
Giono hat Bouffier über Jahre hinweg immer wieder besucht und bei seinen Wanderungen begleitet.
„Wenn dieses Wirken frei ist von Egoismus, und wenn der Impuls, der sein Handeln leitet, ungewöhnlich großherzig ist, wenn auch nicht nach Belohnung und Anerkennung geheischt wird und dieses Wirken darüber hinaus Zeichen in der Welt hinterlassen hat, dann begegnet man zweifellos einem unvergeßlichen Menschen.“
Die Folgen waren offensichtlich.
„Als ich zum Dorf hinabstieg, sah ich Wasser in Bachläufen fließen, die seit Menschengedenken trocken gewesen waren. Noch nie war es mir geschenkt, derartige Folgen von Arbeit zu erleben.“
Vor Fabres Zeit war hier nichts als Ödland

Wenige Jahre später sind diese provenzalischen Wälder teilweise militärischen Interessen geopfert worden. Sie wurden abgeholzt, um Raketensilos, Panzerübungsplätzen und Öltanks Platz zu machen.

„Unversehrt blieben nur wenige Buchen und Erlen“, erinnerte sich Giono in einem Interview kurz vor seinem Tode. „Sie werden nicht einmal die Spur eines Andenkens an Elzéard Bouffier finden. Seien Sie zufrieden mit dem Text und dem Geist der Sache. Er hat sein Genügen in sich.“
Bouffier ist 1947 im Alter von fast neunzig Jahren gestorben und ähnlich in Vergessenheit geraten wie Georges Fabre. Und was links der Rhone die Raketensilos sind, sind auf den Hochebenen des Larzac und in den Cevennen die Schießplätze.
 

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