Freitag, 14. Juni 2024

Cassoulet: Nur echt aus Castelnaudary

Worüber können Franzosen sich am besten echauffieren: Ganz klar über Essen und Wein – wie das Beispiel Cassoulet beweist. Wie bei jedem ursprünglich preiswerten Resteessen, von der Fischsuppe über die Pizza bis zu Paella, sind die Rezepte unterschiedlich, weil natürlich überall unterschiedliche Dinge von den Vortagen übrig geblieben sind.

Beim Cassoulet kommt es zum Streit zwischen drei Städten, einer, wo es tatsächlich herstammt, nämlich Castelnaudary, und zwei Städten, die es irgendwann mal unter Gesichtspunkten des Tourismus-Marketing für sich in Anspruch genommen haben, nämlich Toulouse und Carcassonne. Ganz salomonisch schlichtete der berühmte

Carcassone hat zwar das beeindruckendere Stadtbild, aber das Cassoulet kommt aus Castelnaudary

Koch und Kochbuchautor Prosper Montagné den Streit und formulierte in seinem Buch „Le Festin Occitane“:
„Das Cassoulet ist der Gott der okkitanischen Küche. Ein Gott in drei Personen: Der Vater ist der Gott aus Castalnaudry, der Sohn aus Carcassonne und der Heilige Geist aus Toulouse.“
Wichtigste und unstrittige Bestandteile sind große weiße Bohnen - zum Beispiel die Lingotbohnen aus dem Lauragais oder die etwas länglicheren aus Tarbes - und das immer wieder darübergestreute und immer wieder untergehobene Weckmehl. In Toulouse hält man die Saucisses de Toulouse für unentbehrlich, in Carcassonne gibts eine Edelvariante, bei der Rehühner die Ente oder manchmal auch das Lamm ersetzen. Diese Variante fand erheblich Anklang in der Küchen des Adels, etwa an den Schlössern der Loire, wo man das Gericht aber umbenannte und nicht mehr an die bäuerliche Herkunft erinnert werden wollte: Estouffet oder auch Estofat aux féves hieß es dann.

Am Hafen von Castelnaudary
Anlegestelle am Hotel Le Clos Fleuri

Das erste Cassoulet wurde angeblich 1337 gekocht, als die Einwohner sich mit allen im Dorf befindlichen Resten stärkten, ehe sie die Belagerung der Engländer durchbrachen und Castelnaudary befreiten. Eine schöne Geschichte, die nur zeitlich nicht ganz passt. Denn erst gegen 1530 brachte Kolumbus die Lingot-Bohnen aus Amerika mit nach Frankreich.

Inzwischen bekommen Sie in Sète oder Narbonne sogar ein Cassoulet aux Poissons. Es soll sogar Menschen geben, die ein vegetarisches Cassoulet zubereiten, aber denen sollte man die Benutzung dieses Markennamens verbieten. Bohneneintopf ist doch auch was schönes, wenn man kein Interesse an richtigem Essen hat. Aber dann wäre Frankreich immer noch von den Engländern erobert und im Hexagone würde so gekocht wie auf der Insel.

Das Cassoulet kann zum winterlichen Hochgenuss werden, wenn man sich genügend Zeit es zuzubereiten – stundenlang. Wer es zu schnell kocht, wird merken, daß es nach dem Aufwärmen viel besser schmeckt. Auf ein paar Dinge darf man nicht verzichten. Auf die Entkeulen, eine ordentlich mit Knoblauch versetzte Schinkenlyoner, das Entenconfit mit viel frischem Thymian, Salz der Camargue, Entenschmalz und Cognac.
Wo das wohl steht ? Und was da wohl die Spezialität des Hauses ist ?

Könnten die Hinweise auf den braunen Autobahnschildern den Streit entscheiden, wäre alles längst ganz klar. Dann wäre es Castelnaudary, zwischen den beiden Wettbewerbern gelegen. Denn dort führt eines der Weg in die Hauptstadt des Cassoulet. Das Gericht hat seinen Namen von der Cassole, einem Tontopf, in dem es früher zubereitet wurde. Heute nimmt man am besten einen dieser so teuren Gusseisentöpfe etwa von Le Creuset, den sich Ihre Frau sicher längst zu Weihnachten gewünscht hat. Mein Tip: Kaufen Sie ihn! Wenn die Anschaffungskosten auf einhundert Jahre rechnen, sind es gerade mal 3 Euro im Jahr.

Frisch ist um Klassen besser

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So bewertet die FAZ: Eine „profunde Kulturgeschichte, glänzend formuliert, prachtvoll bebildert und vom Verlag wunderschön ausgestattet…die vielleicht fundierteste Darstellung zu diesem Thema, ganz gewiss ist es die am besten geschriebene“.

Professor Rainer Moritz, Leiter des Hamburger Literaturhauses, lobt im MDR die „hochinteressante Mischung aus Literatur, Kunst und Kulinarik“, und Martin-Maria Schwarz im HR „eine akribische Neuerkundung“. Zusammenfassend die Badische Zeitung: „Ein reiseliterarisches Meisterwerk“ und der NDR: „Ein ganz außergewöhnliches Buch!“

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