Freitag, 1. November 2019

Pont flavien bei Saint-Chamas


Das Wappen der kleinen Gemeinde von Saint-Chamas erklärt sich leicht. Es zeigt die alte Römerbrücke.


Vor rund 2000 Jahren hat Donnius Flavus, der als Priester zu den Hütern des Heiligen Feuers gehörte – es gibt in der Literatur allerdings noch andere Auslegungen zu seinem Namen und dem Amt -, jedenfalls hat er in seinem Testament verfügt, diese Brücke und die beiden Pfeiler von den Baumeistern Donnius Vena und Attius Rufus errichten zu lassen.

Pont flavien aus dem 1. Jahrhundert nach Christus
Noch bis nach dem Zweiten Weltkrieg folgte die spätere Departementsstrasse D10 der Trassenführung der römischen Via Julia Augusta. Luftaufnahmen zeigen dies auch heute noch.

1945 wurde einer der beiden Pfeiler von amerikanischen Fahrzeugen bei der Überquerung des Flüßchens Touloubre zerstört; es dauerte vier Jahre, bis er wieder aufgebaut wurde. Dabei fanden auch die Brückenlöwen, die kurz vor der französischen Revolution von Jean Chastel restauriert worden war, wieder ihren angestammten Platz; seit 1840 ist die Brücke in der Liste der historischen Monumente von Merimée erfaßt.
 
Die ganze Tour um den Etang de Berre können Sie HIER im VIDEO von Ocaneides ansehen
 
Überall im römischen Gallien (gallia narbonensis), von der spanischen bis zur italienischen Grenze stoßen Sie auf Brücken, unbekannte kleine, die kurz vor dem Verfall stehen, wie dieses Brückchen bei Uzes (links) bis hin zum Weltkulturerbe Pont du Gard, der ursprünglich gar keine Brücke war, sondern nur die Wasserleitung von der Quelle der Eure nach Nîmes führte; dort gelangte sie in den Verteiler des Castellum aquae (rechts). An den Pont du Gard wurde erst im Mittelalter eine Brücke drangebaut.
 
Suchen Sie einfach im Blog nach weiteren Beiträgen über den Pont du Gard
Helga Botermann hat die Geschichte des römischen Galliens in ihrem Buch "Wie aus Galliern Römern wurden" sehr anschaulich beschrieben. HIER ein Blick auf die Karte.
 

 
 


 
 
 
 
 

 

 

Samstag, 26. Oktober 2019

Languedoc für Feinschmecker und Ausprobierer

Genießen gehört zum Languedoc einfach dazu. Zu Beispiel bei einem Sternekoch, der seine Gäste zu sich nach Hause einlädt, bei einem neuen Markthallen-Konzept in Montpellier und bei einer Kräuterfee aus Orgibet – weit, sehr weit weg von allem.
Les Halles du Lez
 
Sie sehen aus, als gäbe es sie schon einhundert Jahre, aber sie wurden erst im Sommer 2019 eröffnet: Les Halles du Lez in Montpellier. Markthalle einmal anders, denn sie vereint lokale Produzenten, Läden und Restaurants unter einem Dach. Les Halles du Lez sind täglich von vormittags bis Mitternacht geöffnet. Bières artisanales, regionale Weine und raffinierte Probiererle, viele auf Bio-Basis, erlauben einen gastro-kreativen Tag oder Abend.
Die Blüten- und Pflanzenvielfalt  im Departement Ariège-Pyrénées, veranlassten Karine sich intensiv mit wilden Pflanzen zu beschäftigen. Das Ergebnis ist eine leckere Alchemie aus Blättern, Kräutern und Blüten, die Gaumen und Augen erfreuen. Ihr Restaurant „Noste Courtiu" in Orgibet ist gleichzeitig auch Epicerie, Café und das Kulturzentrum des Dorfes. Danke an Caroline Ducasse und Ralph Schetter für den Tip.

Chefkoch Yannick Delpech lädt sich immer bis zu 12 Personen nach Hause ein.. Die Mahlzeiten bereitet er vor den Augen seiner Gäste zu. Bei einem Diner gehören zum Sechs-Gänge-Menü auch der Apéro und von Yannick ausgewählte Weine. Zu diesen Mahlzeiten werden die Gäste in das Anwesen des Chefkochs bei Gaillac im Departement Tarn eingeladen, die Adresse erfahren sie jedoch erst 48 Stunden im voraus. "Cuisine sans Dépendances" gibt im Web weitere Informationen. Das Abendessen mit Getränken kostet 100 €.










Samstag, 19. Oktober 2019

Mit Süskind und Parfum nach Grasse

Ursprünglich eine Stadt der Gerber, wurde die Basis für die Parfumherstellung im 16. Jahrhundert gelegt, als parfümiertes Leder zur Mode wurde. Patrick Süskinds „Parfum“ kulminiert hier in Grasse, der „unumstrittenen Produktions- und Handelsmetropole für Duftstoffe, Parfumeriewaren, Seifen und Öle“.

Grenouille in Baldinis Werkstatt                 Bild aufgenommen im Filmmuseum Lyon von ΛΦΠ
 
Im Musée International de la Pafumerie genauer gesagt gewinnt man einen guten Überblick und liest mit dem neuen Wissen Süskinds Roman mit ganz neuer Nase. Die Enfleurage, die Gewinnung des Öls aus besonders zarten Blüten, oder die Destillierung nichtpflanzlicher Stoffe werden im Museum anschaulich präsentiert; Menschenhaut ist allerdings nicht dabei.
Alle haben hier irgendwie mit Parfum zu tun. Ein paar Schritte entfernt befindet sich das Haus des Parfumfabrikanten Maubert, einem Cousin des Hofmalers Jean-Honoré Fragonard, der das nur geworden war, weil er aus der Familie eines damals nicht besonders erfolgreichen Parfumherstellers stammte.
 
Der geniale Portraitmaler hatte zudem das Pech, daß ihn die Französische Revolution viele seiner adeligen Auftraggeber beraubte. Im heute nach ihm benannten Musée Fragonard hängen zwar noch einige seiner Originale, doch die berühmtesten Bilder gibt es hier nur in Kopien von Labrelie. Es geht um eine Serie damals als erotisch eingestufter Bilder, die er um 1770 für Madame Du Barry, die Mätresse Ludwigs XV. gemalt hatte; heute würde man die Serie aus „Liebesbrief“ und „Heimlichem Treffen“ jederzeit im sonntäglichen Kinderfernsehen zeigen können, wenn man wollte, daß die lieben Kleinen gelangweilt zu einem anderen Sender zappen.
Wertvolle Lizenzen hinter imposanten Eingangstüren                     Bild  Etienne Valois
Die Originale sind nicht mehr auf dem Markt und können in der Henry Clay Frick Collection in New York angesehen werden. Der hatte sie aus dem Büro des Londoner Bankiers J. Pierpont Morgan gekauft.

Klaus und Erika Mann - in ihrem "Buch von der Riviera" - finden die Stadt Grasse „schön und alt“ und fast nur ohne Auto zu besichtigen. „Beruhigend zu wissen, daß H. G. Wells, der einen Teil des Jahres in Grasse lebt, diese Wohlgerüche und zudem die gesunde Luft so mühelos zur Verfügung hat.“ Der englische Autor Wells, der aus seinem Roman „Die Zeitmaschine“ beträchtliche Honorare bezog, hatte sich die Villa „Lou“ Pidou erbauen lassen. Acht Winter verbrachte er mit seiner Freundin Odette Keun hier in den Bergen.

Auf dem Weg ins Zentrum balgen sich die Großflächenwerbungen von Molinard in Lavendelblau und Fragonard in lichtem Ocker um die Besucher, ein Kampf, der unentschieden endet. Den Besuch einer Parfumfabrik empfehlen schon die Manns; was sich auch heute noch lohnt, obwohl deren Anzahl sich immer weiter reduziert. In der Produktion allerdings steht oft schon nicht mehr das Endprodukt Parfum im Mittelpunkt, sondern die Erzeugung von Grundstoffen, die anderswo viel günstiger weiterverarbeitet werden. Und natürlich hat man sich auf die Suche nach neuen Geschäftsfeldern gemacht. Die Entwicklung von Geschmacksstoffen für Lebensmittel gewinnt weiter an Bedeutung, wobei aber immer wieder betont wird, daß die französischen Produkte solche Zusätze natürlich nicht nötig hätten.


Grasse: Eine Stadt, für die man das Auto nicht braucht                                Bild Ivan Matthieu

Auch der belgische Nobelpreisträger Maurice Maeterlinck verbrachte einige Jahre in Grasse. „Eine Art alte, kleine provenzalische Burg inmitten der herrlichsten Landschaft der Welt, im Land der Blumen, Berge und azurblauen Buchten“. Kaum hatten ihm die Zahlungen des Nobel-Komitees die Mittel gegeben , zog er allerdings von Grasse nach Nizza.

Photos: Merci à Ivan Matthieu, LFP et Etienne Valois.

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Viel mehr zu Grasse und dem Midi in meinem Buch "Durch den Süden Frankreichs" (700 Seiten, über 1.000 Bilder), das ich gerne signiert und portofrei zusende.

So bewertet die FAZ: Eine „profunde Kulturgeschichte, glänzend formuliert, prachtvoll bebildert und vom Verlag wunderschön ausgestattet…die vielleicht fundierteste Darstellung zu diesem Thema, ganz gewiss ist es die am besten geschriebene“.

Professor Rainer Moritz, Leiter des Hamburger Literaturhauses, lobt im MDR die „hochinteressante Mischung aus Literatur, Kunst und Kulinarik“, und Martin-Maria Schwarz im HR „eine akribische Neuerkundung“. Zusammenfassend die Badische Zeitung: „Ein reiseliterarisches Meisterwerk“ und der NDR: „Ein ganz außergewöhnliches Buch!“

Samstag, 5. Oktober 2019

Fabre in Sérignan: 14 Jahre Mistkäfer beobachtet

Mit den Mistkäfern hat alles angefangen; über sie schrieb Jean-Henri Fabre seine erste Veröffentlichung. Dann folgten die geliebten Sandwespen, die Gottesanbeterin und zahlreiche Schmetterlinge.
Ausführliche und einfühlsame Biographien schreibt er und ist den Objekten seiner Begierde so lange so nah wie selten ein Biograph. Stundenlang liegt er mit seinem Markenzeichen, der Lupe, auf dem Bauch, beobachtet und spricht auch mit seinen Insekten. Seine Beschreibungen sind so verständnisvoll, daß er manchmal sicher nur aufschreibt, was seine Tiere ihm erzählen.

Fabre: Immer mit seiner Lupe unterwegs und hier mit Blick auf das Café de Commerce,
die inzwischen geschlossene Stammbar des deutschen Malers Werner Lichtner-Aix
Mit Menschen ging er weniger verständnisvoll um, zum Beispiel mit Charles Darwin, mit dem er in Briefwechsel stand und dessen Theorie über die Entstehung der Arten er rundweg für ein Hirngespinst hielt.
„Ich glaube nicht an Gott, ich sehe ihn“,
war Fabres feste Überzeugung.

Zeitlos, besser gesagt mit unendlich viel Zeit, hat Fabre geforscht und experimentiert. Der erste, der das Experiment in der Biologie systematisch anwandte. Über vierzehn Jahre hinweg hat Fabre immer wieder den Mistkäfer beobachtet, mit dem er seine Veröffentlichung auch beginnt. Um die Intelligenz des Skarabäus, des heiligen Pillendrehers aus Ägypten, ranken sich viele Mythen. Insbesondere der schon von den griechischen Geschichtsschreibern überlieferte Mythos, daß der Skarabäus sich Hilfe holt, wenn das Gelände so schwierig wird, daß er eine von ihm gefundene Mistkugel nicht mehr allein fortbewegen kann. Bis ins 19. Jahrhundert hatten selbst ernsthafte Wissenschaftler diese Theorie ungeprüft übernommen.

Und auch Fabres Ansatz war es zunächst, eine Bestätigung für diese These zu erlangen. Er umgrenzte die Kugel mit unüberwindlichen Steinwällen, hob Gräben aus, fixierte sie mit Nadeln und ließ sich eine Reihe weiterer Erschwernisse einfallen, aber nie, nie holte der Mistkäfer Hilfe. Im Gegenteil. Wenn die Artgenossen feststellten, daß jemand „Hilfe“ brauchte, hielten sie dies für Schwäche und die Aufforderung zu Kampf und Raub. Das war es also, wenn mehrere Käfer sich um eine Kugel versammelten.

Alle Vorgänger Fabres hatten aus einer Ansammlung der Tiere ihre im wahrsten Sinne des Wortes voreiligen Schlüsse gezogen. Der Berliner Matthes&Seitz Verlag hat die „Erinnerungen eines Insektenforschers“ in einer mehrbändigen Reihe und mit den Zeichnungen von Christian Thanhäuser schön ausgestatteten Ausgabe verlegt. HIER können Sie sich das im VIDEO ansehen.



Zeichnung von Christian Thanhäuser aus
dem angesprochenen Buch
Fabre selbst hat allerdings deutlich naturnäher gezeichnet. Es gibt auch ein hörenswertes CD-Set von Peter Steinbach: Die wunderbare Welt des Jean-Henri Fabre.

Nach der Besichtigung des Hauses - HIER alle Informationen und Öffnungszeiten; Mittagspause im Juli und August übrigens von 12.30 bis 15.30! - schlage ich noch einen Spaziergang durch den botanischen Garten am Fabre-Haus und dann hinaus zum Friedhof vor, wo er im Familiengrab beerdigt ist.

„Diejenigen, die wir verloren glauben, sind uns nur vorausgeschickt.“
Diesen Ausspruch Senecas hat sich Fabre für seinen Grabstein ausgesucht.

Hier auf dem Friedhof finden Sie auch das Grab des deutschen Maler Werner Lichtner-Aix, der seit dem Ende der sechziger Jahre in Sérignan wohnte und dessen Atelier auch heute noch zu besichtigen ist.


Bei der Gelegenheit möchte ich Sie auf die Website der französischen Friedhöfe von PHILIPPE LANDRU hinweisen, eine wahre Fundgrube. Auch ein Bild des Fabres-Grab finden Sie da.



>>>>  Viel mehr zu Sérignan, Fabre, Ventoux und dem Midi in meinem Buch "Durch den Süden Frankreichs" (700 Seiten, über 1.000 Bilder), das ich gerne signiert und portofrei zusende.

So bewertet die FAZ: Eine „profunde Kulturgeschichte, glänzend formuliert, prachtvoll bebildert und vom Verlag wunderschön ausgestattet…die vielleicht fundierteste Darstellung zu diesem Thema, ganz gewiss ist es die am besten geschriebene“.

Professor Rainer Moritz, Leiter des Hamburger Literaturhauses, lobt im MDR die „hochinteressante Mischung aus Literatur, Kunst und Kulinarik“, und Martin-Maria Schwarz im HR „eine akribische Neuerkundung“. Zusammenfassend die Badische Zeitung: „Ein reiseliterarisches Meisterwerk“ und der NDR: „Ein ganz außergewöhnliches Buch!“



 


Samstag, 28. September 2019

Zinedine Zidane und Mick Jagger in Nebenrollen

Zidane auf seiner berühmten Wand und Jagger auf
einem T-Shirt. Bilder von Yannis Bautrait und Reckon 
Mick Jagger und seine Band-Kollegen waren natürlich mehrfach in Südfrankreich, so im Sommer 1971, als sie in der Nähe von Antibes jeder eine eigene Villa bewohnten. Im Keller des Hauses von Keith Ricards hatten sie ein provisorisches Studio eingerichtet, komponierten und probten, wenn es die Drogenlage hergab. Bill Wyman hatte Heimweh, wollte nach Hause, sehnte sich nach englischem Essen und englischer Milch. Und Mick Taylor, erst kurz dabei für Brian Jones - dessen Tod (ertrunken oder ermordet?) bis heute nicht geklärt ist - genoß sein Leben als Rockstar. Die BBC hat eine Dokumentation über dieses Jahr gedreht: Stones in Exile. Es sei tatsächlich schon etwas wild gewesen damals, gestand Jagger (inzwischen Sir Mick) rund vierzig Jahre später der britischen Zeitung "The Telegraph" ein.
"Damals waren wir jung, gutaussehend und dumm. Heute sind wir nur noch dumm." 
Vézénobres: Ein Gordes ohne Touristen, aber 
kein Umfeld für Mick Jagger
Wem Gordes und Bonnieux gefallen, der kann sich in Vézénobres ansehen, wie die beiden vertouristeten Hochburgen ohne den ganzen Rummel ausgesehen haben müssen; Mick Jagger hat sich jedenfalls 1978 hier niedergelassen - in der Rue Basse gleich hinter dem Schloß - und ist vor dieser Ruhe und Abgeschiedenheit kurz darauf wieder geflohen. In manchen Straßen ist das romanische Stadtbild noch mit ganzen Häuserzeilen erhalten und, wie auch der restliche Stadtkern, mit alten Materialien sorgfältig renoviert.
Zidane: Made in Marseille und hier auf der Treppe des
Adidas-Shops auf der Canebière mit seinem Konterfei. Bild Merci à Adidas

Sicher kennen Sie das Bild (siehe oben) der berühmstesten und meistphotographiertesten Mauer von Marseille direkt an der Küstenstraße in Richtung Osten, genau da wo die Corniche Kennedy über den Place Paul Ricard führt. Zidane war jahrelang als fünfzehn Meter hohes Portrait darauf zu sehen, Adidas hat es bezahlt und beschriftet ist die Wand auf englisch: „Made in Marseille“.

Ziadane ist in einer jener verufenen Hochhauswüsten von Marseille aufgewachsen, die Polizei, Sozialarbeiter und Stadtverwaltung gerne vergessen, La Castellane, und die noch am ehesten als Problemviertel in die Romane von Jean Claude Izzo gehört. Als „Yazid“ war Zidane hier in jungen Jahren bekannt, erst später bekam er den Spitznamen „Zizou“. 


Auch heute geht nichts ohne die "10". Bild LCM/Calicot
"Und Zinedine?" läßt Leila Sebbar in Ihrem Buch Mes Algéries en France Zidanes Mutter erzählen.
"Wie sollte ich wissen, daß mein Sohn überall auf der Welt Zidane genannt und ebenso bekannt sein würde wie de Gaulle. Als er klein war habe ich zu seinem Vater gesagt. Den ganzen Tag hat er nur Fußball im Kopf. Das ist wirklich nicht genug. Wie will er denn mal Geld verdienen?"
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Samstag, 21. September 2019

Le Grau du Roi: Top-Fischrestaurant Le Saint-Pierre

Le Grau du Roi: Von Mitte September bis Mitte April eine Reise wert

Wer heute in Le Grau du Roi ein Fischrestaurant sucht, sollte vor allem die Zone beiderseits des Kanals meiden, wo dem touristischen Einmalgast etwas als Fischsuppe serviert wird, das so dünn und geschmacklos ist, daß man meint, es seien ein paar Gemüsebrühewürfel in einer Fischpfanne aufgekocht worden. Also: nichts wie hin ins „Saint-
Pierre“, das da liegt, wo es hingehört, am Ende des Fischereihafens nämlich, gleich neben der „Bar des Pêcheurs“. Und wenn Restaurantchef Thierry Cortes uns um etwas Geduld bittet, weil die Fischerboote heute mit Verspätung zurückgekehrt seien, dann steigt das Vertrauen noch mehr. HIER im VIDEO ab der vierten Minute.

Und da machen wir nichts anderes wie Hugo von Hofmannsthal, als er durch den Süden Frankreichs reist und eine Fischsuppe begeistert beschrieb. Ihn beeindruckten vor allem die Farben „am rollenden, phosphorschimmernden Meer“, Farben, die sich auch bei den Mahlzeiten wiederfanden. Ein Mittagessen in den Herbergen der Fischer sei sogar „eine große Orgie von Farben. Der rotflossige Fisch schwimmt in einer Safransauce, andere flimmern silberschuppig, und die grellroten Langusten sind von mattgrünen Oliven umrahmt. Dazu das blaue Meer und am weißen Strand Pinien und Zypressen.“

Warum aber die Bouillabaisse hier und nicht in Marseille? Küchenchef Christophe Perrier, der mit seinem Lehrmeister Joel Novack in der Küche zaubert, ist praktisch mit Bouillabaisse großgezogen worden. Sein Großvater, der aus Carry-le-Rouet, nahe Marseille stammte, war der Koch des Schauspielers Fernandel und der wollte seine Bouillabaisse mehrmals in der Woche essen. Sieben unterschiedliche Fische gehören rein:
Rascasse, Lotte, St-Pierre, Grondin, Rouget barbet, Loup de mer sowie Congre oder Drachenkopf, Seeteufel, Petersfisch, Knrurrhahn, Rotbarge, Seewolf und Meeraal.

Christophe Perrier, Joel Novack und Thierry Cortes: Echte Bouillabaisse im Saint Pierre
Wenn deutsche Fernsehköche wie LaferMälzerZacherl ihre sogenannte Bouillabaisses in dreißig Minuten zubereiten und dabei wesentlich Fischfond aus der Dose mit Tomatenmark verrühren, dann hat das mit
Safran: Vor dem Würzen ein "Infusion" herstellen
diesem exquisiten Gericht außer den Namen nichts gemein. Andreas Bernard hat im Magazin der Süddeutschen Zeitung diese DJ’s der Küche bedauert, da man ja – manchmal zum Glück - nichts schmecken könne. „Ein Koch im Fernsehen wirkt daher auf den ersten Blick völlig deplatziert, um seine eigentliche Kunst betrogen: wie ein Pantomime im Radio. Er kann allenfalls als versierter Kochdarsteller auftreten.“
Wenn Perrier ganz am Ende des vierstündigen Einköchelns pro Person ein halbes Gramm Safran – oder fünf Euro - in die Bouillon rührt, wird auch klar, daß seine Suppe nicht für neun Euro achtzig verkauft werden kann; so wie an der Hafenpromenade. Dort wird statt Safran mit Kurkuma (Gelbwurz) gefärbt, das farblich eine ähnliche Wirkung hat, jedoch kein Würzkraut ist. Und Vorsicht bei Sonderangeboten im Straßenhandel. Da werden schon mal die Blütenfäden der Färberdistel verkauft, getrocknete Fleischfasern oder, beim Safranpuder, sogar gemahlener Dachziegelstaub.Selbst angebauten Safran verkauft Carine Soulas in Foissac bei Uzes.

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Samstag, 7. September 2019

Peter Kurzeck in Uzès: Der fehlt einfach

Arbeitszimmer mit Blick auf den Boulevard
Samstags auf dem Markt in Uzes. Unseren Thé à la menthe, „nie mit Zucker“, haben Peter Kurzeck und ich meist früh am Vormittag im „L‘Oustal“ am Place aux Herbes getrunken. Ich habe fast immer gefroren dort im feuchten Schatten der dickmaurigen Arkaden; er nie, weil immer korrekt mit Weste, Sakko und Einstecktuch. Wenn wir uns dann verplauderten und ich die Verabredung mit meiner Frau im alteingesessenen (seit 1963) "Le Carola" am Boulevard Gide nicht so ganz einhalten konnte, gab er mir eine überzeugende Entschuldigung mit auf den Weg: 
„Rund um die Uhr reicht die Zeit nie ganz aus".
So räsoniert der Ich-Erzähler in seinem Roman „Als Gast“, und liefert das zeitliche Argument gleich mit. Der 1943 in Böhmen geborene Vielfachpreisträger lebte lange Jahre als sorgfältiger Archivar der eigenen Biographie nomadisch immer wieder mal auch mitten in Uzès und inventarisierte seine Umgebung; und mehr noch seine Erinnerungen. Nach seinem Tod hat er die nun ganz für sich allein.

Und wenn dann die Nachmittagssonne Schattenspiele der Platanen in sein Arbeitszimmer projiziert und der Nachbar nicht gerade in einem nächtlichen Renovierungsanfall mit dem Bohrer neben Kurzecks Bett die Wand durchstößt, dann kann er in Ruhe auch die zehnte Korrektur der schreibmaschinengetippten Seiten seinen Ansprüchen genügend zurechtfeilen. Den meiner Frau vor einigen Jahren beim „Hausacher Leselenz“ im Schwarzwald versprochenen Uzès-Roman kann er nicht mehr abliefern.

"Wenn ich schreibe, kann mir nichts passieren"
war er sich sicher. Meinen Pfefferminztee trinke ich gelegentlich auch heute noch im "L'Oustal" und friere vor mich hin.

Immer wieder überarbeitet und kein Lektor durfte dran rühren
 
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Freitag, 30. August 2019

Nîmes: Mehr als Daudet und Arena

Daudet nachdenklich im Brunnen
Alphonse Daudets Geburtshaus in Nîmes liegt dort, wo man aus den Markthallen (La Coupole) auf den Boulevard Gambetta hinausgeht. Von dort geht es nach rechts in Richtung Amphitheater. Soweit das auf dem Boulevard Amiral Courbet, wie er wenig später heißt, wegen des ständigen Verkehrs überhaupt möglich ist, überqueren Sie ihn bei erster Gelegenheit. So kommen Sie an Daudets Denkmal auf dem Square de la Couronne vorbei, da, wo es in die Rue Notre Dame hineingeht.

Die Briefe aus seiner Mühle
hat er dort nie geschrieben 
Daudet, der früh nach Paris ging, um dort, wie sein älterer Bruder Journalist zu werden, hat sich mit vielen seiner Schriftstellerkollegen regelmäßig getroffen und ausgetauscht. In den Pariser Salons gehörten die Goncourts, Zola, Flaubert und Victor Hugo zu seinem Bekanntenkreis. Dennoch blieben Sozialkritik und Naturalismus Fremdwörter für Daudet. Selbst Werke wie „Numa Roumestan“ oder „Sappho“ sind im Vergleich zu Zolas schonungslosen Schilderungen immer noch mit einem sozialromantischen Weichzeichner geschrieben. Nur die Themen waren die gleichen: Armut, Reichtum, Kinderarbeit, Familienkampf. Daudet fühlte sich von den Ränken der Tagespolitik abgestoßen.
„Oh Politik, wie ich dich hasse! Unter deinen verschiedenen Kleidern immer dieselbe Verruchtheit; du trennst edle Herzen, die füreinander geschaffen wären, du einst Leute, die getrennt bleiben müssten, du machst den Edlen duldsam für den Schurken, wenn er nur seiner Partei zugehört. Du bist die Korruption des Gewissens, du machst die Lüge zur Gewohnheit, du machst die Menschen gleichgültig gegen die schönen Dinge.“
Das Amphiteater von Nîmes: Ringkämpfe (li) und Oper (re) im 19. Jahrhundert
Rund zwanzigtausend Besucher passen in das römische Amphitheater, das heute eine Sommerfunktion als auch blutige Stierkampfarena hat und im Winter, nach dem jährlichen Umbau, als Kulturzentrum für Tanztheater und kammermusikalische Abende dient. Beides ist in Nîmes gleichwertiges Kulturprogramm. So haben wir Glück gehabt, daß der Versuch Karl Martells die Arena niederzubrennen, mißlang. Für ein römisches Siegesdenkmal hatte er sie gehalten, mit Holz füllen lassen und angezündet - Spuren, die heute noch zu sehen sind.

Als Jean-Jacques Rousseau um 1740 die Arena besuchen wollte, waren, ebenso wie in Arles, die Arkaden und der Innenraum zugebaut:

„Dieses weitläufige und prächtige Amphitheater ist von häßlichen kleinen Häusern umgeben, und andere kleinere und noch häßlichere Häuser füllen seine Arena, so daß das Ganze einen ungleichartigen und verworrenen Eindruck macht, bei dem Ärger und Entrüstung Genuß und Überraschung ersticken."
Die Arenen von Arles (hier im Stich von
Peyret) und Nîmes als kleine mittelalterliche Städte
Mehrere tausend Menschen, wie auch in der Arena von Arles, lebten auf engstem Raum in den einhundertfünfzig Gebäuden der Arena; sogar eine eigene Kirche gab es, die dem Heiligen Martin geweiht war. Als zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Häuser abgerissen wurden, mußte man sie aus einer bis zu sieben Meter dicken Müll- und Schuttschicht ausgraben.

Hermann Ludwig Heinrich von Pückler-Muskau - Literat, Weltenbummler und „Gartenfürst“ - berichtet 1834 von einem Besuch, bei dem alles schon ganz anders aussah:

„Das Amphitheater, welches hunderte angebaute Hütten von außen und innen kaum entdecken ließen, steht jetzt frei und teilweise restauriert."
Liebend gerne hätte er sich in Nîmes im großen Stil landschaftsgärtnerisch betätigt, so wie im Bois de Boulogne, den er für Napoleon III. umgestaltete.

Für manch eine ist Nîmes nur Schuh-Einkaufs-Stadt
Nîmes erschließt sich am allerbesten zu Fuß; allerdings sollte man schon gut fünf bis sechs Kilometer durch die Stadt und den Jardin de la Fontaine einplanen; das ist nicht jederfraus Freude. Glücklicherweise ist Nîmes auch die Hauptstadt der Schuhgeschäfte, sodaß abgelaufene Absätze am besten mit ein, zwei oder drei Paar neuer Schuhe ersetzt werden.


Letztlich ein zufriedenstellendes Ergebnis eines Kulturspaziergangs durch Nîmes


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Samstag, 24. August 2019

Château Coujan: Top-Weißweine aus Saint Chinian

Die Schwestern Florence und Danièle Guy - heute ist Florence die alleinige Eigentümerin - haben im Jahr 2008 begonnen, die biologische Vielfalt und den nachhaltigen Schutz von Pflanzen und Tieren auf den insgesamt 140 Hektar landwirtschaftlich nutzbarer Fläche in den Mittelpunkt zu stellen. Wenn Sie heute dort durch die Weinberge gehen, werden diese immer wieder von Brachflächen
unterbrochen, viele medizinisch verwertbare Kräuter finden sich und noch mehr Insektenarten und Singvögel. Die Rebfläche beträgt nur 54 Hektar.

Mit Rücksicht auf die Natur baut Florence Guy nur auf einem Drittel ihrer Fläche Reben an
Château Coujan, sowohl das Schloß als auch das Weingut, sind geschichtsträchtige Orte. Font de Coujon hieß es einmal und noch heute gibt es dort die alten Quellen. Schon die Römer hatten hier, nicht weit von der Via Domitia, die Rom mit Spanien verband, mit dem Weinbau begonnen. Schon Plinius der Ältere beschreibt diese Weinkultur, die mit Gips, Harz und Pech die meist sehr süßen Weine haltbar machen wollte. Experimentierfreudig waren sie Römer: Den „billigen und schnellen“ Wein für die Sklaven und Landarbeiter produzierten aus bereits gepressten Trauben, die mit Wasser aufgegossen, genau 24 Stunden Mazerationszeitzeit hatte. Durch die Zugabe von Myrrhe, Muskat oder Zimt wurde anschließend der jeweils gewünschte Geschmack erzielt.

 
Florence Guy mit ihrem Vater
 
Den Pfauen können auf der Domaine überall in den Weinberger begegnen

Die erste urkundliche Erwähnung von Coujan stammt aus dem Jahr 966, als Graf Matfred von Narbonne und seine Frau Adelaide ihrem Sohn Raymond das Gut überschreiben. Danach taucht der
Name immer wieder in den Archiven auf, wenn sich die Einwohner von Coujan und Murviel etwa um Weiderechte oder Feuerholz stritten. Diese Streitigkeiten hatten auch politische Gründe, denn Coujan gehörte zu Narbonne und Murviel zu Béziers. Heute gehört die Domaine zur Gemeinde von Murviel-lès-Béziers und weinmäßig zur Appellation von Saint Chinian, die gerade einmal zwanzig kleine Dörfer mit zusammen 2.800 Hektar Rebfläche umfasst. Trotz der an sich geringen Anbaufläche betreibt die Appellation ein intensives Marketing – oft in Paris, manchmal auch an der 5th Avenue in New York.

Chinian wirbt in New York


Seltsamerweise werden die meisten Flaschen ins biertrinkende Belgien exportiert. Minervois und Faugères sind die angrenzenden Apellationen. Fast ausschließlich Rot- und Roséweine werden hier ausgebaut; der Anteil der Weißweine liegt bei weniger als einem Prozent. Zu den Ausnahmen gehört das Château Coujan, wo, auf biologischer Basis, knapp 15 Prozent Weißweine produziert werden. Ein besonderes Erlebnis ist der lange Gang, der durch den Weinkeller mit zum Teil über einhundert Jahre alten Fässern führt. Natürlich gehört da dann die Weinprobe dazu. Viele kulturelle Veranstaltungen auf dem Château, von Ausstellungen über Konzerte bis zu Filmabenden, lassen es hier nicht langweilig werden.


Château Coujan, 34490 Murviel-lès-Béziers, Frankreich, Florence GUY 04.67 .37.80.00

Samstag, 17. August 2019

Pagnol und Maupassant-Bücher: Leider ohne Hintergrund

Es war damals eines der Themen in Frankreich kurz vor der Wende zum 20. Jahrhundert: Das viele Geld, das französische Kleinanleger durch den verschleppten Konkurs der den Bau des Panama-Kanals finanzierenden Gesellschaft verloren hatten. Hinzu kam eine durch Bestechung zahlreicher Politiker, unter anderem von Clemenceau, zustande gekommene Lotterie, die vielen Bürgern weiteres Geld zu einem Zeitpunkt aus der Tasche zog, als den Insiders längst klar war, daß die Gesellschaft in Konkurs gehen würde. Wäre nicht kurz darauf die Affaire Dreyfus in den Mittelpunkt gerückt, in deren Verlauf ein Unschuldiger zweimal wegen Landesverrats verurteilt und der wahrhaft Schuldige freigesprochen wurde, hätte der Panama-Skandal deutlich höhere Wellen geschlagen.

Immerhin: Was im Großen funktioniert, funktionierte erst recht im Kleinen. Die Korruption in der sogenannten „besseren Gesellschaft“ ist das Thema von Marcel Pagnols "Topaze" (Mons, Dresden 23,90). Mit dem Stück feierte er 1928 seinen Durchbruch am Theater, bevor es gleich mehrfach verfilmt wurde. Ein zu ehrlicher Lehrer, Monsieur Topaze, wird in zwielichtige Machenschaften verwickelt – ohne es zu wollen. Der Dresdner Mons Verlag hat das Stück neu herausgebracht und mit einem wunderbar altertümlichen Titelbild von Michel Guy-Nochet versehen; Wolfgang Barth hat die Ausgabe übersetzt. Obwohl die Erinnerungen Pagnols über die französische Premiere im Anhang abgedruckt sind, wäre es gut gewesen, man hätte in den Materialien etwas mehr über den historischen Hintergrund und die Entstehungszeit erfahren können.
Das Gleiche gilt für Maupassants „Sur l’eau“ (Mons, Dresden, 11.90€), der bei Mons jetzt immerhin in zweiter Auflage erschienen ist. Kein Wort zum Autor, nichts über die Entstehungsgeschichte. Deshalb rate ich dann eher zu dem bei Mare erschienenen Band in deutscher Übersetzung und mit einem Nachwort von Julian Barnes versehen. Da lohnt dann auch der doppelt so hohe Preis.