Samstag, 13. Mai 2017

Combes: Der Wald der toten Schriftsteller

Man muß schon eine Vorliebe für sehr ausgefallene Orte haben, um sich von Sauve noch einmal mindestens zweieinhalb Stunden weiter in die Cevennen, genauer gesagt ins Massiv von Caroux-Espinouse hinein zu wagen. Dann erreichen Sie den „Forêt des écrivains combattants“ zwischen Combes und Rosis. Bevor Sie dieses Wagnis auf engen und schlaglöchrigen Straßen eingehen, Wegen eher, auf denen Sie zudem neununddreißigmal weder eine Abbiegung verpassen noch einmal falsch aus einem Kreisverkehr hinausfahren dürfen, sollten Sie Ihr GPS einstellen. Nur mit Karte werden Sie scheitern.
Genau 560 Autoren wurde dort, in einem über einhundert Hektar großen Gelände, ein Naturdenkmal gesetzt, ein Baum für jeden der französischen Schriftsteller, die im Ersten Weltkrieg gefallen sind: Pinien, Zedern, Douglasien und die aus den Vereinigten Staaten stammenden Roteichen. Auch die Toten des Zweiten Weltkrieges sind inzwischen berücksichtigt.
 
Neben alliierten Mitstreitern aus Nordamerika und Italien befinden sich auch die beiden Frauen Marietta Martin und Irène Némirovsky auf der Liste. Viele der Autoren, sieht man einmal von Antoine de Saint-Exupéry und Paul Drouot ab und vielleicht noch Charles Péguy, sind in Deutschland (und ein paar weniger in Frankreich) völlig unbekannt.

Die Idee dazu propagierte der ehemalige Marineoffizier und Schriftsteller Claude Farrère, der 1931 Vorsitzender der Association des écrivains combattants war. Noch mehr als zehn Jahre nach Kriegsende kämpfte er um die den Kriegsversehrten versprochenen, aber nicht ausgezahlten Pensionen. Wenige Jahre später wurde er in die Académie française gewählt.

Ysabelle Lacamp gehört zu den aktuellen französischen
Schriftstellern, die sich für den Wald der toten Kollegen einsetzen


Mit Emmanuel Bourcier hatte Farrère den Mann an seiner Seite, der das Projekt vor Ort betrieb und in der Landschaftsgärtnerin Francisque Lacarelle eine überzeugte Mitstreiterin, die die weitere Aufforstung des Gebietes umsetzte. Dabei pflanzte sie mehr als zehntausend Bäume auf eigene Kosten. Bei der Jahrhundert-Überschwemmung von 1983 wurde ein Viertel des Gebietes völlig zerstört.

Den Roman von Danielle Auby über den „Wald der toten Dichter“, der 1993 als „Bleu Horizon“ in Frankreich erschien, können Sie lesen, wenn Sie ihn wirklich nur als Roman begreifen und es Ihnen auf historische Ungenauigkeiten nicht ankommt. Keinesfalls sind alle toten Dichter im Jahr 1891 geboren: Péguy 1873, Drouot 1886 und Martin 1902.


 
 
Charles Peguy      Bild Wiki cc

Der Tod ist nichts

Der Tod ist nichts, ich bin nur in das Zimmer
nebenan gegangen. Ich bin ich, ihr seid ihr.
Das, was ich für Euch war, bin ich immer noch.
Gebt mir den Namen, den ihr mir immer gegeben habt.
Sprecht mit mir, wie ihr es immer getan habt.
Gebraucht nicht eine andere Redensweise,
seid nicht feierlich oder traurig.
Lacht weiterhin über das, worüber wir gemeinsam
gelacht haben.
Betet, lacht, denkt an mich, betet für mich
damit mein Name im Hause gesprochen wird,
so wie es immer war,
ohne besondere Betonung, ohne die Spur des Schattens.
Das Leben bedeutet das, was es immer war.
Der Faden ist nicht durchschnitten.
Warum soll ich nicht mehr in euren Gedanken sein,
nur weil ich nicht mehr in eurem Blickfeld bin?
Ich bin nicht weit weg,
nur auf der anderen Seite des Weges.


Charles Peguy


PS. Mit dem „Club der toten Dichter“ von Nancy Kleinbaum hat das überhaupt nichts zu tun und sei hier nur erwähnt, weil Kleinbaums Roman einer der wenigen ist, die nach einer Verfilmung entstanden sind.

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