Donnerstag, 23. März 2023

Ein Fontaine-Krimi für alle Jahreszeiten

Die Kriminalromane von Liliane Fontaine zu lesen sind wie in den Süden Frankreichs nachhause zu kommen. Man kennt die Richterin Mathilde, die auf dem feudalen Weingut lebt, ihre Haushälterin Odile und ihren Kommandant Rachid Bouraada, mit dem sie (jetzt endlich)aber erwartungsgemäß zusammen ist. Man kennt die Stadt, von der Arena über den Endpunkt der römischen Wasserleitung, die von Uzès nach Nîmes führte bis zum relativ neuen archäologischen Museum de la Romanité. Und leicht folgt man den Wegen der Opfer und Täter durch die Stadt und ihre Parks. 
 
 
Warum der drogensüchtige Mann erschossen wird, der gerade aus Chile angereist war, klärt sich langsam auf. Und nur die Ärzte sind nicht überrascht, daß Valerie Savigny stirbt, denn jahrelang hatte sie im Koma gelegen. Für die Richterin und ihren Kommandanten gehört das ebenso zum Fall wie das wertvolle Bild des Pointillisten Henri Edmond Cross. Viel mehr Hinweise seien an dieser Stelle nicht gegeben, um nichts zu verraten. 
Nicht ganz das gestohlene Bild, aber doch Zypressen aus Cagnes
Selbstportrait von Henri Edmond Cross
 
Wie immer ist der Leser in die Ermittlungen eingebunden und kann sich selbst testen, ob seine Kreativität mit dem Gespür der Untersuchungsrichterin in die gleiche Richtung läuft oder man selbst da nicht doch auf einem Irrweg ist – was Mathilde de Boncourt durchaus auch einmal passiert.

Wer aber sich nicht als Krimi-Leser outen möchten, könnte durchaus sagen, er habe sich bau- und kunstgeschichtlich weitergebildet, denn die Lektüre macht fit etwa über die Site Vauban, die gar nicht von Vauban erbaut wurde; sie macht auch fit für Signac, neben Seurat der wichtigste Maler des Pointillismus.

Fort Vauban um 1890. Heute Teil der Universität
 

Das Bild von Cross taucht in einer hochpreisigen  Galerie in Nîmes auf, deren Inhaberin von Anfang an das Gefühl hatte, das Bild müsse in einem der internationalen Diebstahlsregister zu finden sein. Wie nicht anders zu erwarten wird der Fall gelöst, spannend, schlüssig und etwas unerwartet. Aber wie vielleicht anders zu erwarten, wird es in Nîmes anfangen zu schneien. Jedenfalls wenn die Richterin ihrem nach einer Schusswunde wetterfühligem Oberschenkel vertraut. Mit dieser letzten Szene aus dem Buch wird nicht zuviel verraten. Es liest sich gut in allen Jahreszeiten.

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