Sonntag, 18. Oktober 2015

Course camarguaise: Titelseite für den Stier

Course camarguaise: Immer ungefährlich für den Stier und ein Nachmittagsvergnügen auch für Kinder.
 
Das kann nur im Departement Gard passieren, dem Land der Courses camarguaises  - HIER im VIDEO -,der unblutigen Stierspiele: Die Titelseite der auflagenstärksten Tageszeitung, des „Midi Libre“, ist einem Stier gewidmet. Merkel kommt garnicht vor und Hollande nur im Zusammenhang mit der Frage, mit wem er denn diesmal seinen Urlaub verbringt. Also Stier Greco im Mittelpunkt, der schon viele Tropäen gewonnen hat; und die ganze Seite drei ist im auch noch gewidmet mit einer Homestory.
Alle Termine im Midi Libre und natürlich an den Plakattafeln

Course camarguaise steht manchmal auf den Plakaten der Dorffeste in den Städtchen des Midi. Solche Fêtes Votives sind eine gute Gelegenheit sich diese, mindestens immer für die Tiere ungefährlichen Spiele, erstmals anzusehen.


Viel Respekt vor dem Stier
Nur an drei Empfehlungen sollte sich jeder halten, wenn er einen Course zum erstenmal besucht: Nehmen Sie sich ein Kissen mit, eine Flasche Wasser und setzen Sie sich drittens keinesfalls auf einen der vielen freien Plätze, wenn die Dorfbewohner dicht gedrängt in der gegenüberliegenden Hälfte der Arena sitzen. Denn sonst sitzen Sie hinterher im Gegenlicht der auch um 17 Uhr noch heißen und hochstehenden Sonne.
Oft mit musikalischen Begleitprogramm und vielen Besuchern in der alten Tracht
 
Mit dem Capelado, dem Einzug der Raseteurs beginnt die Veranstaltung, die Eröffnung des ersten Kampfes folgt nach einer Trompetenfanfare. Der Stier kommt aus seinem Stall, auf dessen rot gestrichener Tür das Wort „Toril“ steht. Immer wieder verfolgt er die Raseteurs, manchmal so ungestüm, daß er in die Barrieren kracht oder gar darüber springt.
Jedes der Bändchen, die der Stier zwischen den Hörnern trägt, hat seinen eigenen Wert, der sich steigert, wenn der Stier es gut verteidigt. „Zehn Euro mehr vom Gipsergeschäft Peyric, zehn Euro mehr vom Restaurant 'Les trois Perdrix'.“ So stachelt der Arena-Lautsprecher die Raseteurs an und gerade die örtlichen Handwerker und Bars nutzen diese Art der fast streuverlustfreien Werbung.

Nur zum Spaß arbeiten die Raseteurs und Tourneurs längst nicht mehr. Die Tourneurs, die die Aufmerksamkeit des Stieres auf sich ziehen, um ihn für den Lauf der Raseteurs in die richtige Richtung zu drehen, sind ehemalige Raseteurs, und verdienen in der ersten Liga etwa so viel wie ein Grundschullehrer. Eine ganz wichtige Arbeit, denn nur wenn die gut gemacht wird, können die Läufer, Rechtshänder von der linken Seite und Linkshänder, den Stier durch abwechselnden Einsatz „zum Tanzen bringen“. Großer Beifall dann.

Bei den Raseteurs gehen die Honorare inzwischen in ganz andere Dimensionen. Wer die Trophée der Asse unverletzt durchsteht, kommt schon auf fünfzigtausend Euro, die Spitzenverdiener liegen im sechsstelligen Bereich haben ihre eigenen Fernsehsendungen und sind auf den Covern vieler Magazine zu finden. Aber sie sind bei hohem Risiko von April bis November drei- bis viermal die Woche im Einsatz; und zu Saisonende häufen sich die gefährlichen Situationen und auch die Verletzungen der Raseteurs - HIER IM VIDEO von Lleyton Hew.

Samstag, 17. Oktober 2015

Gide oder Churchill: Pas de sport

Charles Gide (li), der in Uzes lebte und bei dem André Gide oft zu Besuch war.
Das Bild rechts stammt von André Bourdil und wurde 1943 in Tunis gefertigt.
Statue und Bild befinden sich im sehenswerten Borias Museum in Uzes.
In einem Interview zu seinem Geheimrezept des Nicht-Alterns befragt, antwortete André Gide (1869-1951) kürzest: „Pas de Sport!“ und war damit der eigentliche Urheber eines später in englischer Sprache als "No sports! um die Welt gehenden Bonmots seines Nobelpreisträger-Kollegen Winston Churchill (1874-1965). Und da wir schon bei den Bonmots sind. Sicher verbinden Sie Churchchill nicht mit Woodstock. Er sich schon; er kam im britischen Woodstock zur Welt.

Gide war eine imponierende Erscheinung.

„Das Gesicht ist ausdrucksvoll und sensitiv, mit einer hohen, edel gebildeten Stirn, schmalen asketischen Lippen und seltsam mongolisch geschnittenen Augen, die unter
dunkelbuschigen Brauen aufmerksam, oft beinah listig blicken“,
beschreibt ihn Klaus Mann. In Uzès stößt man an vielen Orten auf den Namen Gide. Das Geburtshaus seines Onkels Charles steht gleich gegenüber der Ende des 20. Jahrhunderts dezent und stilgerecht renovierten Kirche Saint Etienne. Am 28. Juni 1847 wurde Charles Gide geboren; exakt einhundert Jahre später erhielt sein Neffe den Nobelpreis. Das Haus von Charles Gide ist ein guter Ausgangspunkt, um in die Stadt einzutauchen.

Schon im Ersten Weltkrieg hat sich André Gide in führender Position des „Foyer Franco-Belge“ engagiert, einer privaten Hilfsorganisation, die sich um Flüchtlinge aus von den Deutschen bereits besetzen Gebieten kümmerte; und einen Krieg später trat er aus dem gleichen moralischen Verantwortungsbewußtsein dem französischen „Comité de Patronage“ bei, das die Arbeit des Amerikaners Varian Fry in Marseille (siehe dort) wesentlich unterstützte.

Gide, so formulierte Jean-Paul Sartre 1951 in „Les temps modernes“, sei
„als Beispiel dafür nicht zu ersetzen, daß jemand seine eigene Wahrhaftigkeit ist“.
Wobei das sicher dem etwas leichter fallen kann, der sein Leben von Anfang an frei von jeglicher finanzieller Sorge verbringt. Sorgen hatte er allenfalls mit der Verwaltung seines großen Vermögens. Da gehörte bis 1920 das aus dem 15. Jahrhundert stammende Schloß des nahe Uzès gelegenen Lussan; und das Schloß von La Roque-Baignard mit über 400 Hektar Ländereien als Familienerbe und die gutdotierte Stellung seines Vaters ließen André Gide immer unabhängig sein. Regelrecht mit Bedauern stellt dies ein französisches Literatur-Lexikon fest; denn „ohne dieses Pech“, so der Schluß, „hätte er uns noch einige zusätzliche große Werke hinterlassen“.

Samstag, 3. Oktober 2015

Auch mit dem Motorrad: Lust auf Provence

 
Der Süden Frankreichs ist nicht nur für diejenigen, die sich per Fahrrad die Bezwingung des Mont Ventoux vorgenommen haben, eine ideale Reisegegend, sondern auch für den Typ von Motorradfahrer, der eine Landschaft "erfahren" will und auch noch etwas drüber hinaus.
 
Wer so unterwegs ist, dem sei ein Buch von Sylvia Harasim und Martin Schrempp aus dem Bonner Heel-Verlag empfohlen, das inzwischen leider nicht mehr lieferbar ist, das aber leicht über Plattformen wie ZVAB oder Abebooks erworben werden kann.


In zehn Touren wird die Provence beschrieben, wobei mir die Fahrt über das Plateau von Valensole - auch wenn es nur mit dem Auto war - besondere Freude und Abwechslung bereitet hat. Viele der hier beschriebenen Bars, Landgasthöfe oder Chambres d'Hôtes sind natürlich speziell auf die Zweiradfahrer ausgerichtet.

Und auch wenn eine Panne des Motorrades oder eines Oldtimers die Reisefreude mal trübt: Die im gleichen Verlag erschienenen Schrauber-Handbücher bieten in der Regel für alle Probleme eine Lösung.

Sonntag, 20. September 2015

Course camarguaise: Stier springt in die Zuschauer

Meist sicher in der ersten Reihe bei einem
Course camarguaise. In Saint Chaptes diesmal nicht. Bild Loula Jacob/TV SUD
Hinter der roten Holzbarriere, der anschließenden Mauer und einem zusätzlichen Absperrgitter, alles in allem sind das über 2 Meter, ist man in den Arenen Südfrankreichs meist sicher - meist. Anfang diesen Jahres hat ein Stier bei einem Course camarguaise in Saint Chaptes auch die eiserne Absperrung durchbrochen und fünf Zuschauer verletzt, einen vierzigjährigen Mann schwer. Loula Jacob war in der Arena und hat eine Fotoserie aufgenommen, die von den Redakteuren des Fernsehsenders TV Sud um Archivmaterial ergänzt wurde: HIER im VIDEO.

Der Manadier (Stierzüchter) Regis Bonnet von der Manade du Seden hat in einem Beitrag für ein VIDEO von TV Sud erklärt, daß der Stier natürlich wieder in die Arena darf, allerdings erst wieder im kommenden Jahr. Bis dahin habe er Zeit sich von dem Schock zu erholen.

Die Wucht des Aufpralls zeigt sich am zerborstenen Horn.   
Bild: Aus dem oben verlinkten Video von TV Sud
In aller Regel sind die Courses aber ein harmloses, manchmal sogar etwas langweiliges und - für die Stiere immer - ungefährliches Nachmittagsvergnügen, wie dieses VIDEO aus Sommières zeigt.

Die Raseteure sind Profis, in eigenen Ecoles des Raseteures ausgebildet, und ihnen sollte man die Arena überlassen. Immer wieder kommt es allerdings vor, daß sich selbst überschätzende Touristen, aber selbst Einheimische, bei einem Abrivado schwer verletzt werden. Die Kraft und Gefährlichkeit selbst eines noch jungen Stiers beweist das folgende Video von Roger Botch.

Samstag, 25. Juli 2015

Pont du Gard: Feuerwerk und Kanufahrt

Lassen Sie sich den Pont du Gard - hier im VIDEO von Nacy Nimes - nicht von den hohen Parkgebühren auf dem Riesenparkplatz des Rive Gauche, also der linken Seite des Gard, vergällen. Man muß ihn einfach gesehen, erfühlt, umwandert und vielleicht sogar erstiegen haben. Am besten parken Sie das Auto in Remoulins. Dann machen Sie einen Spaziergang auf dem rechten Gard-Ufer hin zum Pont und genießen kostenlos das Bauwerk und den Garrigue-Garten. Hier findet man ruhige Picknickplätze, die Ihnen das sogenannte Menue-Quick der Fast-Food-Restauration ersparen.

Einen dieser drei Tische sollten Sie für das Abendmenu und die Lichtschau reservieren.
Wenn Sie sich aber etwas Besonderes gönnen möchten, dann ein wirklich spätes Abendessen, im Juli also nicht vor einundzwanzig Uhr, im Restaurant „Les Terrasses“.

Es wurde lange von Madame Nutile geführt, der Frau des Sternekochs Jerôme Nutile, der sein Restaurant, die „Hostellerie Le Castellas“, nicht weit von hier in Collias hatte. Schade, daß die Beiden nach Nîmes umgezogen ist, in ihren "Mas de Boudan". Die Eröffnung dort war ein großes Fest mit vielen der großen Chefs: Michel Kayzer, Jacques Pourcel und Pascal Ginoux. Hier der BLOG VON JEROME NUTILE, mit vielen Rezeptideen und guten Gründen ihn im Restaurant oder im Bistrot zu besuchen.

Wenn Nutile allerdings zuhause sei, so sagte er mir, sei es seine Frau, die die Küchenherrschaft habe, denn eigentlich sei sie die bessere Köchin, „wenn auch nur ein ganz klein wenig“. Die Reservierung in der ersten Reihe mit dem freien Blick auf den Sonnenuntergang hinter dem Pont du Gard - an manchen Abenden ersetzt er das Feuerwerk - sollten Sie aber bereits ein paar Tage vorher machen.

Normalerweise ist der Aufstieg auf den
Pont du Gard verboten
Das Aufsteigen in, und erst recht auf die obere Bogenreihe, die das Wasser führte und teilweise noch von dicken Steinplatten bedeckt ist, ist inzwischen verboten und durch Eisengitter erschwert; das macht es nicht weniger verlockend. Wenn allerdings in Frankreich schon einmal Absperrgitter angebracht sind, dann wird es dahinter wirklich gefährlich. Wenn Sie schon glauben daran vorbei klettern zu müssen: Keinesfalls sollten Sie sich danach aus der Wasserleitung hinausbewegen. Eine ganze Reihe tödlicher Abstürze hat es gegeben, auch, weil unvorsichtige Kletterer von einer unberechenbaren Mistralbö erfasst wurden.

Greifen Sie lieber auf das abwechslungsreiche Programm des Pont du Gard, das Sie HIER (und auf deutsch) finden.

Möglichst dann sollten Sie den Pont du Gard genießen, wenn wenige andere Menschen dort sind. Für Stendhal wäre das Mitte des 19. Jahrhunderts nicht einmal an einem Feiertag ein Problem gewesen.
„Glücklicherweise und zur Freude des kunstbeflissenen Reisenden trifft der Blick, nach welcher Seite man auch schaut, auf keinerlei Anzeichen menschlicher Kultur. Einsam verströmen Thymian, wilder Lavendel und Wacholder ihren Duft unter einem Himmel von blendender Klarheit. Der Geist wird durch nichts abgelenkt. Es ist ein Erlebnis für wenige ausgewählte Geister. Die anderen denken nur voller Bewunderung an die Geldsummen, die er gekostet haben muß.“

Diese Einsamkeit findet man heutzutage nur noch sehr früh am Morgen, lange vor dem Frühstück. Oder am späten Abend, wenn die beeindruckende Lichtschau der Groupe F - hier in einem ZEITLUPENFILM von Robert Souillol - ihn immer wieder in neuen Farbspielen erscheinen läßt, vorbei ist.

 

Phantasievolle Licht-, Feuer-  und Computerschau               Bilder c Thorsten Schmalbach
 Eine ruhige Pontdu Gard-Tour können Sie auch in Collias beginnen. Sie mieten sich dort bei einem der Anbieter - (die sich alles preislich nicht viel tun)ein paar Minuten in Richtung Uzès und dann links rein - ein Kanu und lassen sich auf dem Wasser zum Pont du Gard treiben; nach längeren Trockenperioden müssen Sie das Boot ab und zu ein paar Schritte durchs Flußgeröll tragen. Am besten, Sie fragen vorher und lassen die Schuhe an, wenn Tragestrecken anstehen. Vor den Wasserschlangen müssen Sie keine Angst haben; das ist eher umgekehrt. Auf der zwei- bis dreistündigen Fahrt finden sich selbst bei Hochbetrieb verschwiegene Anlegestellen. Und am frühen Abend holen die Kanuverleiher Sie kurz vor Remoulins wieder ab und bringen Sie zu Ihrem Wagen zurück.







Sonntag, 7. Juni 2015

Handyfreies Slowfood in Alès: Restaurant Le Mandajors

Auf Seite 2 der Speisekarte steht ein wichtiger Hinweis: Das Mandajors - benannt übrigens nach Louis des Hours de Madajors, dem ersten Bürgermeister, den Alès (damals noch Alais geschrieben) sich im 17. Jahrhundert wählte – sei kein Fast-Food-Restaurant, eher ein Slow-Food-Restaurant.

Immer voll besetzt und Eine immer freundlich und noch mehr in Eile
Eine französische, von den Cevennen angehauchte Küche gibt es. Zum Beispiel ein Steinpilz-Omelette oder Tripes und manche Gerichte verfeinert mit Eßkastanien, die in den Cevennen im Überfluß wachsen. Selbst im Nachtisch werden sie verarbeitet, dem Coupe Cevenol, eine Kalarienbombe aus Vanilleeis und viel Sahne, die mit Eßkastaniensirup getränkt wird. Während Sie auf die empfehlenswerten hausgemachten Steinpilz-Ravioli warten, können Sie die Speisekarte studieren, die viele aktuelle und historische Hinweise auf die Stadt enthält. Und natürlich auf das Restaurant, das am längsten betriebene in Alès. Seit dem Ende der zwanziger Jahre hat es nur fünf Chefs gegeben und Fredéric Begouin, der jetzige Inhaber ist auch schon wieder seit 1991 dabei.
Großer Bahnhof vor dem kleinen und versteckt liegenden Restaurant
In der 1940er Jahren, während des Zeiten Weltkriegs gehörte es der Familie Trinquier, die im vorderen Teil die deutschen Besatzungssoldaten bediente und über den Hinterausgang die französischen Widerstandskäpfer der Résistance mit Essen versorgte. Das Preis-Leistungsverhältnis - Kreditkarten werden nicht akzeptiert - ist ist perfekt, das Tagesmenue ab 12 Euro, die Menues ab 16 Euro und das Viertel Rotwein aus verschiedenen Kooperativen der Cevennen kostet keine 2,50 Euro.


Handyverbot im Mandajors
Der Service agiert mit viel Übersicht und ist ausgesprochen freundlich - mit Ausnahme, wenn im Restaurant ein Handy klingelt, was dann sehr eindrücklich unterbunden wird. Viele Stammgäste und manchmal laute Diskussionen auch von Tisch zu Tisch. Sehr sympathisch und immer wieder einen Besuch wert. Mittags sollte man wirklich um 12 Uhr da sein oder reserviert haben; die 30 Plätze sind regelmäßig besetzt.

Donnerstag, 14. Mai 2015

Boule in Marseille: Diesmal mit "runden" Kugeln

Boule: Ursprünglich genagelte Holzkugeln
Auf den allermeisten platanenbeschatteten Plätzen und erst recht in Vézénobres wird Boule zum Spaß gespielt und dort sogar mit "eckigen Kugeln"; wie das geht lesen Sie HIER. Ansonsten ist Boule eine ernste Angelegenheit und für manchen auch ein gutes Geschäft. In Marseille produziert das Familienunternehmen Rofritsch Boulekugeln. Da niemand das Unternehmen - "La Boule Bleu" heißt die Firma - im Gewerbegebiet La Valentine (57, Montée de Saint Menet)gefunden hat, wurde nun , mitten im Panierviertel, ein Boule-Treffpunkt eröffnet: Eine überdachte Boulebahn gibt es, auf der natürlich geraucht werden darf, zahlreiche Exponate, die sich zu einem Boule-Museum entwickeln können und natürlich die Möglichkeit Kugeln zu kaufen, in der Holzkiste oder einem Geschenkköfferchen, in dem die Flasche Pastis gleich mit dabei ist.
Museum, Geschäft und Bouleplatz in Einem
Und mit dem Pastis sind wir bei Monsieur Ricard aus Marseille, der vor mehr als 50 Jahren das inzwischen weltgrößte Boule-Turnier ins Leben rief: Mondial La Marseillaise à Pétanque. An dieser Weltmeisterschaft, immer im Juli, nehmen mehr als zehntausend Spieler teil und die Besucherzahlen lagen zuletzt über 200.000.

Testbahn im Haus                  Beide Bilder von André Simon
Hervé Rofritsch erzählt HIER IN EINEM KURZEN VIDEO etwas über die Produktion und die Geschichte seines Familienunternehmens, das er in vierter Generation fortführt.Der nicht gerade besonders französisch klingende Namen kommt aus dem Elsaß, wo Firmengründer Félix Rofritsch her stammt. Nach einer Seefahrerkarriere wollte er an sich in die Heimat zurück, doch die war ja seit 1871 von den Deutschen besetzt. Und so blieb er in Marseille, der Hafenstadt, die er oft angelaufen war. Seine Söhne Fortuné und Marcel entwickelten eine Karbon-Stahl-Legierung, die den Kugeln eine mattblaue Farbe gab. Und jeder wollte "La boule bleu", zumal schnell auch die Champions wie Lovino, Locatelli und Charly de Gémenos mit diesen Kugeln spielten und gewannen. Fernand Moraldo aus La Ciotat, ehemaliger Weltmeister, erzählt HIER ETWAS ÜBER DIE GESCHICHTE DES BOULE (Video).
Marktführer in Frankreich ist die Firma OBUT, die in Saint-Bonnet-le-Château (Route du Cros) an der Loire ein großes Boule- und Petanque-Museum betreibt.

Wenn Sie dem folgenden Link folgen, dann wissen Sie, warum Boule in Kriegszeiten für SOLDATEN UND ARBEITER VERBOTEN war.

Sonntag, 10. Mai 2015

Wege in den Midi: Durch Alpen, die Cevennen oder durchs Rhônetal


Entlang der Route Napoléon. Wieder eines der genialen Bilder von Steffen Lipp

Wenn Ihnen Reisen mehr ist, als Warten auf das Ankommen und Sie so glücklich sind, Zeit zu haben, dann fahren Sie vielleicht durch die Schweiz, über die französischen Alpen oder auf der Route Napoléon in den Midi. Da gibt es eine gut lesbare Routen-Beschreibung von Stefan Scheytt in GEO, die sie HIER nachlesen können

Oder von der anderen Seite, ganz von Westen her durch das Zentralmassiv und dann auf den Wegen der Kamisarden, der aufständischen Protestanten zu Beginn des 18. Jahrhunderts, durch die Cevennen. Wahrscheinlich werden Sie aber doch auf der Autobahn durch Elsaß, Jura, Burgund und entlang der Rhone fahren, des Flusses, der bei den Griechen nur „die Straße“ hieß, auf der Felle und Bernstein nach Süden kamen und Salz und Olivenöl nach Norden.


Durrell: Eine Villa wie in den Romanen Balzacs
Der Engländer Lawrence Durrell, den wir als trinkfestem Romanschriftsteller in Sommières wiedertreffen, reiste mit dem Schiff von Lyon nach Avignon.
„Die Rhone beschert uns in schneller Folge ihre historischen Stätten und kleine trunkene Städtchen, eingekuschelt zwischen Weinbergen und gebadet in der Unbekümmertheit träger Tage und trägen Schweigens, das nur unterbrochen wurde durch das Schnippschnapp der Scheren in den Weinbergen - die heilige Beschneidung, die den elegischen Sommer der Provence beendet.“

Lieber Pastis als Wein
Für Durrell war, man merkt es leicht, der Wein wichtiger als die Baudenkmäler unterschiedlichster Epochen, und wenn man aus den Trauben hätte Pastis herstellen können, wäre sein Glück im Süden vollkommen gewesen.

Ähnlich, allerdings liebte er den Wermut, ging es seinem kanadischen Kollegen Jack Kerouac, der Ende der fünfziger Jahre ebenfalls in Avignon landete und vor allem eines wollte: Schnell wieder weg.

„Gassen schmutziger als mexikanische Slums und überall entlang der Steinmauer zerlumpte Kinder beim Spielen in unseligen vom Mistral aufgewirbelten Staubwolken, genug, um van Gogh zum Weinen zu bringen.“ 
Kerouac gehört zu den immer wiedergelesenen Lieblingsautoren des Kölner Lyrikers, Musikers und Malers Wolfgang Niedecken. „Wat für e’ Booch, dionysisch, unzensiert“, schrieb er Kerouacs Buch „Lonesome traveller“ einen rezensierenden Rocksong. Kerouac war aber nicht durchgängig so negativ gestimmt. Der Chorgesang in der Kirche Saint Sauveur in Aix-en-Provence und der Anblick alter Männer, die an diesem Sonntagmorgen mit ihren Baguettes vorbeigingen, machten ihn glücklich.
„Mit Tränen in den Augen hörte ich in der Kathedrale des Erlösers die Chorknaben eine prachtvolle alte Musik singen, während Engel herumzuschweben schienen.“
Als Johanna Schopenhauer, auch an einem Sonntag während des Hochamtes, die Kirche besuchte, fielen ihr, ein paar Jahre nach der Revolution, vor allem die vielen zerstörten Heiligen-Statuen auf.

 

Samstag, 2. Mai 2015

Egal ob nach Arles, Aix-en-Provence oder Saint Rémy: Warum überall Platanen stehen

Platanen: Geschwindigkeitserhöhend von Napoleon gepflanzt
Um die Fahrt in den Süden zu beschleunigen, können Sie immer mal wieder ein paar Kilometer auf der oft vierspurig ausgebauten N 7 fahren. Bevor sie zur Route Nationale wurde, hieß sie ganz einfach die „Straße No. 7“; so schon 1910 bei Jean Giono, dem großen provenzalischen Erzähler und Lyriker. Von der Hochebene von Albion konnte er „in nebliger Ferne, jenseits der Abhänge des Ventoux, funkelnde Fetzen der Rhone und das Bett der berühmten Straße No. 7“ sehen.


Schattiger Marsch und schattige Fahrt: Ein heute eher seltener Anblick
Die Spaliere majestätischer Platanen, die früher alle wichtigen Straßen säumten, findet man heute nur noch selten. Napoleon hatte sie anpflanzen lassen, um seine Truppen bei dann wenigstens beschatteten Gewaltmärschen schneller verlegen zu können.

Den Straßenverbreiterungen sind sie zum Opfer gefallen. „Um bei ihrem Bau möglichst geringen Schaden anzurichten, haben die Ingenieure nur eine Seite der schönen Platanenreihen am Straßenrand gefällt, mit dem Ergebnis, daß eine traurige entweihte Landschaft übrig blieb“, beklagte Lawrence Durrell schon Ende der fünfziger Jahre.

Montag, 23. März 2015

Anreise: Durchs Rhônetal nach Südfrankreich

Auch so kann sie sein, die Autoroute du soleil
Warum ausgerechnet in die Provence oder ins Languedoc, nach Südfrankreich also? „Sie ahnen gar nicht, wie sehr sich die Welt überall gleicht“ schrieb Kurt Tucholsky einem lieben Freund und meinte die Austauschbarkeit von Marseille und Görlitz. Nach einer Reise durch den Midi kam Märchendichter Hans Christian Andersen zu dem Schluß, Nîmes und Sète seien auch nicht anders als Dänemark.


Und für den Schotten Robert Louis Stevenson waren die Cevennen „im großen und ganzen eine schottische Landschaft, wenn auch weniger großartig.“ Alle drei haben Unrecht. Die Reise nach Südfrankreich lohnt, sogar und gerade eine bei der wir Kopf und Bauch zufriedenstellen wollen. Da halte ich es mit Cees Nooteboom und seiner Geschichte über den provenzalischen Hund des amerikanischen Doktors:
„Wer sich auf die Reise nach dem Unvorhergesehenen begibt, ohne wirklich damit zu rechnen, wird nie ganz enttäuscht.“
Für Yvan Audouard, mit einer Mutter aus Marseille und dem Vater aus Avignon, ist die Sache ganz einfach:
„Im Midi geht die Sonne zweimal auf – morgens und nach der Siesta.“ 
Als Hugo von Hofmannsthal sich im September 1892 von der Vielfalt der südfranzösischen Eindrücke verzaubern ließ, mündete dies in einer Empfehlung, wie Reisebeschreibungen gemacht werden sollten. Wie ein chinesisches Bilderbuch, in dem fliegende Hunde, lichtblaue Dämonen und die weiße junge Frau am Ufer beschrieben und ohne jede effektvolle Komposition nebeneinander gestellt werden. Sein Ratschlag hat mir gefallen.

Weiter geht die Anreise durchs Rhônetal IN VIENNE UND HIER .