Samstag, 6. Januar 2018

Was die CIA in Pont-Saint-Esprit treibt

Heute noch gibt es die Kirche Saint Saturnin, die dem Ort ehemals den Namen gegeben hatte Saint-Saturnin-du-Port. Dann kam der Brückenbau von der Mitte des 13. Jahrhunderts bis zur Einweihung im Jahr 1409. Neunzehn Bögen auf fast einen Kilometer Länge verteilt und so stabil, daß noch heute die Autos darüber fahren.
 
Gönnen Sie sich den Fußweg über die Brücke mit den Blicken auf Rhône und Stadt
Da hatte der Heilige Geist ordentlich mitgeholfen, daß das so schnell ging und das Dorf änderte dankbar seinen Namen in Pont-Saint-Esprit. Handel und Brückenzoll machten aus dem Dorf ein Städtchen, das heute wesentlich vom Ardèche-Tourismus lebt.
 
CIA-Schattengestalten in der hellen Sonne?
 
Die Ardèche fließt im Norden der Stadt in die Rhône. Alles über die Region des Gard Rhodanien, auch über das schöne und wenig überlaufene Tal der Céze, finden Sie HIER.

Im August 1951 waren die Wartezimmer der drei Ärzte des Kleinstädtchens überfüllt. Hunderte von Bewohnern litten plötzlich unter Halluzinationen und wurden von Schattengestalten verfolgt. Es kam zu fünf Todesfällen und mehreren Selbstmordversuchen. Von den dreihundert „Wahnsinnigen“ aus Pont-Saint-Esprit berichtete die Presse weltweit.

Verschimmeltes Brot sei die Ursache, ein hallozinogener Schimmel, wie schon ein paar Jahre vorher in einer Nachbargemeinde, die das Bot vom gleichen Bäcker bezog. Da war sich der Generalinspektor des Gesundheitsministeriums schnell sicher. Auch deutsche Zeitungen griffen das Thema auf, so die „Welt“: „Das Geheimnis des ‚Brotes, das tötet und wahnsinnig macht‘, ist gelöst. Nach dem Befund von Professor Olivier vom Polizeilaboratorium im Marseille sind die Massenerkrankungen einwandfrei auf die Verunreinigung von Brotmehl durch Mutterkorn zurückzuführen.“

Fünfzig Jahre später hat der amerikanische Journalist Hank Albarelli in seinem fast eintausend Seiten umfassenden Buch „A terrible Mistake“ die These aufgestellt, es habe sich um einen mißglückten Versuch der CIA gehandelt haben, die Droge LSD in der Fläche zu testen. Umfangreich zitiert er die Aussagen von Betroffenen: Sie warfen sich auf dem Bett hin und her, sie schrien entsetzt, daß aus ihrem Körper rote Blumen hervorkämen, ihre Köpfe hätten sich in geschmolzenes Blei verwandelt. Einige berichteten von Reisen auf fliegenden Teppichen. Schon im Mittelalter kannte man ähnliche Fälle von Mutterkornvergiftungen, die oft mit Wundbrand einhergingen, und nannte sie „Antoniusfeuer“.

Doch manches war hier anders. Sven Moeschlin, Verfasser des medizinischen Standardwerkes „Klinik und Therapie der Vergiftungen“ hat den Ablauf der Erkrenkungen rekonstuiert. „In der ersten Phase vegetative Störungen mit Durchfall, Blutdruckabsenkung, Untertemperatur, Pupillenerweiterung, Schluckbeschwerden und einem brennenden Gefühl im Magen-Darm-Kanal. Es folgte dann, nach einer vorübergehenden leichten Besserung, eine dritte Phase vorwiegend psychischer Störungen und mit in einem sehr hohen Prozentsatz auftretenden Psychosen. Wahrscheinlich hat es sich hier um ein noch unbekanntes Gift aus der Alkaloidreihe gehandelt. Die psychischen Veränderungen. erinnern an die Vergiftungserscheinungen durch die Lysergsäure, nur klingen dort die Vergiftungssymptome sehr rasch ab, während sie hier Wochen und Monate bestehen blieben. Chemisch konnten keine Mutterkornalkaloide gefunden werden.“ Was früher als Verschwörungstheorie hätte abgetan werden können, wurde nun wahrscheinlich.

Albarelli bringt auch den Tod des US-Bio-Chemiker Frank Olson in Verbindung mit dem CIA-Testprogramm MKULTRA, in dem biologische Waffen im Feldversuch getestet worden sein; nicht in den USA natürlich, sondern in Frankreich. Olson wurde zwei Jahre nach den Versuchen angeblich ermordet. Er sprang, vollgestopft mit LSD aus dem zehnten Stock seines Hotels. Seine Familie hat von der US-Regierung nach Angaben der Washinton Post fast eine dreiviertel Million Dollar Schadenersatz bekommen. Belastbare Beweise für einen Zusammenhang mit den Vorgängen im Rhonestädtchen liegen nicht vor.

Um nach solchen Gedanken wieder den klaren Kopf zu bekommen, von hier aus, am besten an einem Tag, an dem der Mistral ordentlich bläst, auf den Mont Ventoux.