Freitag, 12. Februar 2021

Lourmarin: Camus, Fußball und die Luberon-Bouillabaisse

Camus, wie man ihn fast nicht kennt

 

Lourmarin ist nicht nur als letzter Wohnsitz des Schriftstellers Albert Camus von Bedeutung . Raoul Dautry, erst  Eisenbahn-Manager, dann Minister und ab 1945 Bürgermeistern des Dorfes, in dem die Familie schon lange ein Ferienhaus besaß, hat vorgemacht, wie ein totes Städtchen aus seinem Dornröschenschlaf geweckt werden kann. Zu Beginn des Krieges war Dautry Rüstungsminister, nach der Landung der Alliierten in der Normandie wurde er von de Gaulle zum Minister für Wiederaufbau berufen. Lourmarin hat davon ordentlich profitiert. 

Ebenso wichtig für die Entwicklung des Dorfes war Robert-Laurent Vibert, ein Industrieller aus Lyon, der  schon lange vor Dautry das halbzerfallene Schloss sozusagen zum „Steinbruchspreis“ gekauft und in eine Kulturstiftung umgewandelt hatte. Empfänge und Hochzeiten werden im Ballsaal oder auf der Terrasse ausgerichtet,

 

auf die man vom Haus und der Terrasse Albert Camus‘ einen guten Blick hat; das sind vielleicht mal gerade dreihundert Meter und vorbei an der erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf dem freien Feld erbauten evangelischen Kirche.

Churchill, wie man ihn ebenfalls fast nicht kennt, als Maler einer Ansicht von Lourmarin mit Blick auf das Haus von Camus.  Bild Luberon Tourisme.

 

Wenn man auf der Dorfseite an der Nummer 23 der Rue Camus vorbeigeht, erblickt man eine völlig unscheinbare Fassade. Das passte irgendwie zu dem in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsenen Camus, obwohl der ein Jahr zuvor gewonnene Nobelpreis ihn in die Lage versetzt hatte, praktisch jedes provenzalische Anwesen zu kaufen. Aber wohl nur hier, auf dieser Terrasse konnte er seinen autobiographischen Roman „Le Premier Homme“ beginnen und die ersten einhundert Seiten schreiben. Seine Tochter sah das in einem ARTE-Interview so: „Dieses Buch war eine Befreiung für ihn. Er sagte: Das bin ich!“

Das unscheinbare Grab von Albert Camus 

Hier in Lourmarin, in diesem unscheinbaren Häuschen fühlte er sich wohl, freundete sich mit dem Dorfschmied César Renaud an, dem er liebend gerne zuhörte, wenn der seine humanistisch-philosophisch angehauchten Geschichten erzählte, besuchte die Cafés und gehörte zu den engagierten Unterstützern der örtlichen Fußballmannschaft. Das waren die Eintrittskarten ins Dorfleben, die Camus dazu gehören ließen. Es waren denn auch Mitglieder der Mannschaft, die seinen Sarg hinaus zum Friedhof trugen.

Wenn Sie es sich tagsüber verdient haben, was Sie selbst entscheiden, könnten Sie sich mit einer „Luberon-Bouillabaisse“ verwöhnen lassen, die im „La Fenière“ aus getrüffelten Kartoffeln, grünem Spargel und Wachteleiern gezaubert wird. Oder für die Freunde des kreativen Nachtischs ein Stück Kürbiskuchen, das in eine bittere Orangen-Schokoladensauce gebettet wurde – letzteres allerdings im „Le Moulin“, wobei mir klar ist, daß es nicht so einfach ist, ein Menü in zwei Restaurants zu genießen.

Beide Hotels mit ihren absolut ruhigen Zimmer gehören zur Kette der Romantik-Hotels; und in beiden sind Sie wunderbar aufgehoben. Eine Spur eher ginge ich, wegen des großen Pools, der sich direkt vor den Zimmern wie eine überdimensionierte private Badewanne herzieht, ins „La Fenière“.




Donnerstag, 11. Februar 2021

Nizza: Wenn Hotel dann die "Villa Rivoli"

Barbara Kimmig im Garten ihrer "Villa Rivoli"    Bild BZ/privat
Mein Lieblingshotel in Nizza heißt „Villa Rivoli“. Man fühlt sich hier auch so persönlich aufgehoben wie in der Villa einer Freundin und so garnicht nicht wie in einem Hotel. Lange wußte ich nicht, daß das Haus Barbara Kimmig gehört, die in der Ortenau, nur ein paar Kilometer von meinem Wohnort, aufgewachsen ist. Erst als ich dort einmal zu einem Vortrag der deutsch-französischen Gesellschaft eingeladen war, habe ich das erfahren. HIER im VIDEO führt die Deutsche in englisch durch ihr französisches Hotel.

Die "Villa Rivoli", ist ein schmuckes 26-Zimmer-Haus mitten in Nizza, mitten in einem schönen Garten und nur wenige Meter (vielleicht 200) vom Meer und der Uferpromenade entfernt. Hubert Röderer danke ich für seinen Artikel, den er in der Badischen Zeitung veröffentlicht hat und den ich hier leicht gekürzt wiedergebe:
 

Barbara Kimmig kam 1962 im in Oberkirch zur Welt - im August, im Sternzeichen des Löwen. Beharrlichkeit schien ihr in die Wiege gelegt worden zu sein. Sie wuchs zusammen mit zwei älteren Geschwistern in Lautenbach auf, der Vater war einst Packereimeister bei der Papierfabrik Koehler, die Mutter Hausfrau, heute sind sie Rentner.

Barbara Kimmig besuchte die Realschule in Oberkirch, ehe sie mit dem Beginn ihrer Ausbildung zur Hotelfachfrau in Brenner’s Park Hotel in Baden-Baden ihre berufliche Richtung einschlug, der sie bis heute die Treue hält. Bereits mit 20 Jahren verschlug es sie 1982 nach Montreux, ins dortige "Palace" Von da ging’s nach Nizza ins "Negresco", das Luxushotel mit 121 Zimmern und 24 Suiten, das auch Gründungsmitglied der renommierten Hotelvereinigung "The Leading Hotels of the World" ist. Spätestens hier dürfte sie davon geträumt haben, irgendwann mal nicht nur Reservierungen anzunehmen oder im Service auszuhelfen, sondern als Hotelbesitzerin nach eigenem Gusto schalten und walten zu können.

Doch die Zeit war natürlich noch nicht reif und das Portemonnaie noch zu dünn. 1985 zog sie weiter nach London, wo sie im "Mayfair" an der Rezeption arbeitete, und wo ihr abermals die gute deutsche Ausbildung sehr hilfreich war: "Wer vom Brenner’s kommt, ist bei seinem neuen Arbeitgeber gut angesehen. Die Ausbildung dort ist viel wert."

1986 folgte der "Europäische Hof" in Heidelberg, wo sie alsbald zur Direktionsassistentin aufstieg. Ende der 80er Jahre verdingte sie sich für mehrere Saisons als Hotelreiseleiterin für die TUI auf der Insel Brac im damaligen Jugoslawien: "Dort habe ich viel Geld verdient und es gab keine Möglichkeit, es auszugeben."

Oase inmitten der Altstadt
Als sie ein paar Jahre später ein zweites Mal im "Negresco" anheuerte, stieg sie schnell zur Marketing-Direktorin hoch. Es war der Beginn der Seßhaftigkeit, auch der Geburt von Tochter Fanny geschuldet, die 1998 zur Welt kam: "Ich wollte nicht mehr ständig unterwegs sein und mit meiner Zeit flexibler umgehen können." Also griff sie 2003 zu, als sie die Chance bekam, ihr erstes eigenes Hotel zu kaufen, die heruntergekommene "Villa la Tour" in der Altstadt. 2007 erwarb sie Hotel Nummer zwei, die "Villa Rivoli".
 

Hubert Röderer schrieb
diesen Beitrag für die BZ/hsl
Hier, in der fünftgrößten Stadt Frankreichs, hat Barbara Kimmig längst Wurzeln geschlagen: "Ich bin ja auch schon 20 Jahre hier." Hinter ihr liegt ein weiter, mit vielen Umzügen verbundener Weg, der sie in die feinsten Häuser führte und der aus einer "kleinen" Hotelfachangestellten eine stolze Hotelbesitzerin machte, die trotz der riesigen Konkurrenz von 350 Hotels in der Stadt nach eigenen Angaben gut zu bestehen weiß: "Man muss ständig an der Qualität arbeiten." Und jedem Gast das Gefühl geben, willkommen zu sein. Dafür sei sie auch sechs Tage in der Woche von frühmorgens bis abends im Haus unterwegs. 

Natürlich sollte Sie in Nizza weit mehr interessieren als das Rivoli als ideale Ausgangsbasis für die Entdeckung von Stadt und Umland. Wenn Sie es sich leicht machen und das sehen wollen, was jemand, der viele Jahre hier verbracht hat, Ihnen empfiehlt, dann lesen Sie die "Gebrauchsanweisung für Nizza und die Côte d'Azur" von Jens Rosteck, der wundersamerweise inzwischen auch in der Ortenau wohnt.

"Mit einer großen Lust am Erzählen entzündet der Autor hier ein wahres Feuerwerk eines Insiders. Intelligent, vielschichtig, sehr gut recherchiert und spannend verwebt der Autor Wissenswertes zur Geschichte der Stadt und dem savoir vivre an diesem faszinierenden Ort..." heißt es in einer Rezension auf Rostecks HOMEPAGE.