Freitag, 31. Mai 2024

Uzès: Die ungewöhnliche Domaine de Malaigue

Kann man einen Wein auch „sozial“ nennen, so wie das Vincent Damourette vor einiger Zeit in einem Beitrag für den Midi Libre getan hat?
Nachdem ich die Domaine besucht habe, muß ich sagen: Er hat recht. Als 1998 die Erträge der Domaine nicht ausreichten, hat François Reboul – mit dem Bäcker-Dichter aus Nîmes hat seine Familie nichts zu tun -, der das Weingut gerade in dritter Generation übernommen hatte, die Löhne seiner Arbeiter komplett ausbezahlt, sich selber aber nichts.


Allerdings ist das nur einmal vorgekommen, denn schon ein Jahr später war die Umwandlung zum Bio-Betrieb erfolgreich abgeschlossen und die vielen neuen Kunden akzeptieren seitdem auch die etwas höheren Preise.
 
„Den Preiskampf nach unten habe viele Winzer und vor allem Kooperativen inzwischen verloren. Den Wein im Bib abzufüllen oder im Vrac zu verkaufen, sagen wir mal für acht bis zehn Euro für die fünf Liter reicht nicht aus. Auch nicht, ihn tankzugweise und noch billiger an die großen Handelsketten zu verkaufen, schafft kein Auskommen,“
sagt Reboul. Und tatsächlich geht es vielen, die den Wein nur an-, aber nicht ausbauen, nicht besonders gut. Und das natürlich gerade in extrem trockenen Jahren, wie 2017, als die Quantität – und nur die zählt für die meisten – dreißig bis vierzig Prozent unter dem Vorjahr lag.

Hinzu kommt, das viele Winzer ihre Trauben im System der Fermage pflegen und ernten. Dabei verpachten Grundeigentümer ihre Weinberge, wobei sie dem Pächter lediglich einen Minimalbetrag von 500 bis 700 Euro je Hektar garantieren. Dafür gibt der Pächter seine Arbeitskraft, setzt seine Traktoren und die Erntemaschine ein, bezahlt Dünger und Spritzmittel und übernimmt die Ablieferung der Trauben in der Kooperative. Trockene Jahre werden so zum Risiko des Pächters. Erst wenn bestimmte Hektar-Gewichte deutlich überschritten werden, also über acht Tonnen liegen, fängt es an sich für den Pächter zu lohnen. Die hohen Werte von 15 oder manchmal über 16% bringen dem Pächter keine höheren Erträge.

        Mein Favorit: Der Rosé                                          Bilder OT Uzès
Entsprechend nehmen die Brachflächen zu. Denn immerhin rund 6.000 Euro bekommt der Eigentümer für einen über sieben Jahre stillgelegten Weinberg. Südfranzösische Winzer ärgern sich hinter vorgehaltener Hand über die Kollegen aus Süditalien, wo die stillgelegten Weinberge schnell wieder bewirtschaftet werden und so also doppelt kassiert wird. Die italienischen Satelliten machen scheinbar die Augen zu, wo die französischen gleich einen Strafbefehl frei Haus liefern.
 
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Viel mehr über Wein und andere Genüsse in meinem Buch "Durch den Süden Frankreichs" (700 Seiten, über 1.000 Bilder), das ich gerne signiert und portofrei zusende. Mail an manfred.hammes@web.de

So bewertet die FAZ: Eine „profunde Kulturgeschichte, glänzend formuliert, prachtvoll bebildert und vom Verlag wunderschön ausgestattet…die vielleicht fundierteste Darstellung zu diesem Thema, ganz gewiss ist es die am besten geschriebene“.

Professor Rainer Moritz, Leiter des Hamburger Literaturhauses, lobt im MDR die „hochinteressante Mischung aus Literatur, Kunst und Kulinarik“, und Martin-Maria Schwarz im HR „eine akribische Neuerkundung“. Zusammenfassend die Badische Zeitung: „Ein reiseliterarisches Meisterwerk“ und der NDR: „Ein ganz außergewöhnliches Buch!“

Mittwoch, 29. Mai 2024

Das ewige Blau

Oldib Verlag Essen, 18 €
Wer dem Blog www.das-ewige-blau.de von Sylvia Lukassen folgt, wird sich erstens fragen, warum dieses Buch nicht längst erschienen ist und zweitens, nachdem er den Band gelesen hat, wann denn Band 2 der Streifzüge durch den Süden Frankreichs erscheint. Denn den Midi auf gerade mal 151 Seiten zu erfassen, das geht ja gar nicht.

Aber das wissen Lukassen und Rolf Kiesendahl, der die aussagekräftigen Fotografien zugeliefert hat, auch selbst, wenn sie das Buch in ihrem Nachwort als Apéro, Amuse Bouche und Vorspeise bezeichnen. Beide verbindet nicht nur eine gemeinsame Zeit in der Redaktion der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung, sondern nun auch die Liebe zum Süden Frankreichs. Nicht dem ganzen Süden, vor allem nicht im Sommer, wenn er in Saint Tropez oder Les Saintes Maries so überlaufen ist, daß man einen gefundenen Parkplatz zu den Highlights des Tages zählen muß.

Saint Rémy de Provence wäre wahrscheinlich der Ort, an dem Lukassen den zweiten Band schreiben wird, die Stadt von Nostradamus und van Gogh. Es sind aber gerade nicht die ohnehin bekannten Orte, die den Reiz des Buches ausmachen, sondern Orte, die man normalerweise nicht findet. Etwa der ehemalige Militärstrand in Toulon oder ein Ort, an dem der Vorgänger der New Yorker Brooklyn Bridge über die Rhone gebaut wurde. Einst schrieb Kurt Tucholsky, daß man die Deutschen verstehen müsse, um sie zu lieben, die Franzosen dagegen lieben müsse, um sie zu verstehen.

Van Gogh Statue im Klostergarten   

Recht hatte er. Und Lukassen und Kiesendahl, das zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch, lieben ihren französischen Süden. Was wahrscheinlich schon deshalb kein Wunder ist, wenn man jahrelang im Ruhrpott arbeiten mußte und das Blau des Südens allenfalls von Gemälden kannte; etwa einem der vier van Gogh-Bild aus dem Folkwang Museum in Essen, das den Garten der damals privaten Irrenanstalt des Klosters Saint-Paul-de-Mausole in Saint Rémy zeigt.