Donnerstag, 4. Juni 2020

Liliane Fontaine: Die Richterin und die Tote von Pont du Gard

Liliane Skalecki in Nîmes. Bild GS
Abrivado-Bandido in der Camargue



Liliane Fontaine, so ihr Mädchenname und das Pseudonym, führt uns an die schönsten Orte im Süden Frankreichs, also ins Languedoc. Die Kunsthistorikerin kennt sich aus dort, verbringt jedes Jahr ein paar Wochen dort und das merkt man besonders, wenn sie uns in die kleinen Orte führt, etwa nach Uzès oder zu den Überresten der Benediktiner-Abtei von Psalmody oder zum Abrivado-Bandido nach Ribaute-les-Tavernes.
„Ich liebe die Sonne, ich liebe die Lebensart. Es ist ein ganz besonderes Gefühl, über die Märkte zu schlendern, die Markthallen zu besuchen. Es sind die Wärme und die Gerüche. Ich lebe und atme dort auf, und es ist für mich schon immer eine zweite Heimat gewesen. Es ist dieses Lebensgefühl,“
sagt Fontaine in einem Interview mit Magali Trautmann vom Weser-Kurier. Den Orten des Romans begegnet man auf der Homepage der Autorin.
 

Das Buch ist Kriminalroman und Reiseanreger in Einem. Ein Kriminalroman, den man nicht nur als Krimi lesen sollte; dafür bietet er zu viele Anregungen, bis hin zum samstäglichen Flohmarkt in Sommières, auf dem die Autorin vielleicht selbst einmal für zehn oder zwanzig Euro die 1805 bei Buisson in Paris erschienene Erstausgabe von Philippe Grouvelles „Mémoires historiques sur les Templiers“ gefunden hat, wunderschön ausgestattet mit dem marmorierten Schnitt. In Antiquariaten kostet das Buch eher 350 Euro.

In Fontaines Roman verstehen sich zwei besonders gut, die das im normalen Frankreich eher nicht tun: Die adelige Untersuchungsrichterin Mathilde de Boncourt, die nach einem Anschlag eine Auszeit auf dem Familienschloss nimmt, das von 75 Hektar Rebfläche umgeben ist, und Rachid Bousaada, der Kriminalkommissar mit algerischen Wurzeln. 

 
Dann gibt’s noch einen deutschen Reiseschriftsteller, der mit knappem Zeitbudget sein nächstes Buch fertigstellen soll. Und wir stoßen früh auf eine 1941 erfolgte Flucht aus dem Konzentrationslager Les Milles bei Aix-en-Provence, die mit einem

Durchgangslager für mehr als 3.000 Gefangene: Les Milles
Unglück endet. Glaubwürdig werden diese scheinbar so unterschiedlichen Handlungsstränge zusammengeführt. Und dann knistert es auch zwischen dem deutschen Autor, der den jüdischen Spuren seiner Familie folgt, und Madame le Juge.

Die Richterin und ihr Kommissar ermitteln bei Ärzten, Notaren und ehrgeizigen Regionalpolitikern) und suchen die Drahtzieher eines Mädchenhändlerrings. Ein vierzehnjähriges Mädchen wird vom Pont du Gard gestoßen.
 

Junge Frauen, manchmal sind es noch Kinder, werden aus Nordafrika und Osteuropa importiert, von der besseren Gesellschaft als (Sex)Sklavinnen gehalten und nach Verbrauch entsorgt. Oft sieht es zunächst nach Selbstmord aus. Obwohl alle wissen, dass es anders gewesen sein mußte, führt Justitia nicht zu einem für alle gerechten Ergebnis.

Ein spannender und elegant geschriebener Krimi aus dem Midi, der zugleich zahlreiche Reisetipps für besondere Orte enthält.

Erschienen bei Piper für 10,30 €