Mittwoch, 7. September 2016

Villeneuve: Innozenz VI. sowie Christian Kuchenbrod und seine Tables Gourmandes

Christian Kuchenbrod (li) mit Rudi Weis-Schiff (re) und Gästen
Auf die „schäl Sick“ von Avignon, HIER was das ist, nach Villeneuve also, hatte Christian Kuchenbrod eingeladen, ins Bistrot du Moulin, um die Neuauflage seiner „Tables Gourmandes“ zu präsentieren. Und wie üblich: Alle waren da. Große Chefs wie Mathieu Desmarest von „La Vielle Fontaine“, der schon 2009 - da war er noch bei Bocuse - zum Meilleur Espoir Cuisinier gewählt wurde.

Oder die Winzerinnen Valérie Collomb aus Domazan, die sich zuvor als Önologin und Weinbauberaterin um die Weine von Châteauneuf-du-Pape

Oben links: Valérie Collomb mit Rudi Weis-Schiff
Unten links: Mathieu Desmarest mit Manfred Hammes
Rechts: Mitwirkende Männer, dirigiert von einer Frau
kümmerte. Zum Glück ist sie Einzelkind und so konnten ihre Eltern die Domaine ganz beruhigt nach der Tochter benennen: Valériane. Und die, aber das wäre eine andere Geschichte, viele ihrer Weine ins badische Kippenheimweiler verkauft. Oder die für ihre Bio-Weine ausgezeichnete Florence Mejan, die ihre 36 Hektar in Lirac, Tavel und Laudun bewirtschaftet. Ihr wegen der 5% Mourvèdre-Trauben dunkler Rosé war eine Offenbarung, nicht nur der Farbe wegen. 13,5 Prozent für einen Wein aus hauptsächlich Grenache 
Florence Mejan
und Cinsault, sind schon an der Obergrenze dessen, was man für einen Rosé erwartet, aber dann eine Leichtigkeit…!



Nein, Christian Kuchenbrod, der Herausgeber, ist kein Deutscher; er stammt aus Lothringen, aus Forbach, um genau zu sein. In Avignon hat er den Verein Lou Lippet gegründet, der sich um so schöne Dinge kümmert wie das Auffinden neuer oder das Wiederbesuchen „alter“ Restaurants, Weingüter und Lebensmittel-Produzenten, wie zum Beispiel die besonderen Frucht- und Gemüsesäfte von Kookabarra. Meine Skepsis gegenüber dem
Die "Früchtchen" von Laëtitia und Kookabarra
Sellerie-Gurken-Ingwer-Saft hat sich nach dem ersten Schluck in freudiges Erstaunen gewandelt. Sehen Sie sich die Homepage mit der Fotokunst von Mary-Laëtitia Gerval einmal an.

Die Auswahl der Restaurants ist erfreulich subjektiv und orientiert sich nicht ausschließlich an Sternen oder Kochmützen. Und so kann neben Jérôme Nutile auch ein kleines Bistrot mit dem 15-Euro-Menue seinen Platz finden, wenn die Auswahl der regionalen Produkte stimmt und die Küche sorgfältig und kreativ arbeitet. Sowohl aus der Provence wie aus der Occitanie, dem früheren Languedoc-Roussillon, finden sich Empfehlungen.


Wie unser Hund in den Genuß der Kochkunst von Jérôme Nutile gekommen ist, lesen Sie übrigens HIER.


Einen geschichtsträchtigeren Ort als das Bistrot du Moulin hätte man kaum wählen können. Seit 650 Jahren ist sie, bis auf kleine Zeit nach der französischen Revolution immer in Betrieb gewesen. Aber auch die Revolutionäre genossen ihr Olivenöl. Seit 2008 wird die Mühle von der Familie Bronzini betrieben; für viele Ältere ist es allerdings immer noch die Bertaud-Mühle.

Die früheren Kartäusermönche hätten mit einem so kommunikativen Abend wie der Buchvorstellung wenig anfangen können. In ihren Zellen lebten sie allein, lasen allein, beteten allein und ließen sich sogar die Mahlzeiten durch eine Klappe an der Tür in die Zelle reichen.

Papst Innozenz VI. hatte das Kloster und die Ölmühle im 14. Jahrhundert als Teil des riesigen Kartäuserklosters Chartreuse du Val de Bénédiction gegründet. Auf der Rückseite grenz die Mühle an

das besuchenswerte Fort Saint André, mit dem die französischen

Könige ein Gegengewicht zur Papstmacht in Avignon schaffen wollten. Erster Hinweis darauf ist ein Festungsturm, der man bei der Einfahrt
Fort Saint André in Villeneuve: Das weltliche Gegenstück zum Papstpalast in Avignon

Fort Saint André im Hintergrund und der Turm Philips neben dem 
Fundaments eines Pfeilers  der  der zerstörten Brücke. Litho von ca 1830.
nach Villeneuve sieht. Dieser Turm Philipps des Schönen, war genau gegenüber der Saint Bénézet-Brücke gebaut, die mit ihren 22 Bögen für Pilger wie Händler einst weit und breit die einzige Möglichkeit war, die Rhône zu überqueren.

Canto Perdrix von der Domaine Mejan
Bemerkenswert zu Innozenz VI. ist insbesondere eine juristische Nachlässigkeit, die dem ehemaligen Rechtsprofessor aus Toulouse nicht hätte passieren dürfen. Als Kaiser Karl IV. 1356 mit der Goldenen Bulle eine Art Reichsgesetzbuch verkündete, kam ein Papst darin nicht mehr vor. Karl IV. hatte so elegant alle Einmischungen und den Einfluß der Päpste bei der Wahl der deutschen Könige und ihrer Krönung zum Kaiser in seinem Sinne aus der Welt geschafft.

Bei anderen Dingen passte Innozenz VI. besser auf. Seine schnelle Wahl zum Papst war auch dem Umstand zu verdanken, daß das Kardinalskollegium im Dezember 1356 neben drei Spaniern nur aus einem Italiener, dafür aber 21 Franzosen bestand. So kommen heute die Bewertungen der Wein- und Gastroführer in den allermeisten Fällen nicht mehr zustande.


PS. Und ein GROßES Danke an Rudi Weiss-Schiff für die Einladung zu dieser Präsentation.

Dienstag, 6. September 2016

Künstler in Uzès: Iva Tésorio und Jürg Treichler

Der Baum von Tésorio und die Granatäpfel von Treichler
Sie malen schon sehr unterschiedlich, die beiden: Iva Tésorio und Jürg Treichler, die Slowakin und der Schweizer. Und trotzdem oder gerade deshalb gefallen mir die Bilder von beiden sehr gut. Iva Tésorio, die noch nie eine Ansicht der Stadt gemalt hat, wohnt und arbeitet das ganze Jahr über in Uzès, im Chemin de l’ancienne gare, direkt gegenüber dem alten Bahnhof. Besucher haben beim erstenmal oft Schwierigkeiten Ihr Atelier zu finden. Deshalb auch die Telefonnummer auf Ihrer HOMEPAGE.

Jürg Treichler lebt in Zürich, ist viel auf Reisen und seit über vierzig Jahren regelmäßiger Gast im Haus seines Bruders in Saint-Quentin-la-Poterie und entsprechend auch immer wieder in Uzès unterwegs. Offensichtlich haben wir dort die gleichen Vorlieben für

Café de l'Hotel: Einen Picpoul de Pinet bringt die immer elegante Wirtin
zu den Austern vom Marktstand gleich nebenan

bestimmte Bars; mit dem Unterschied, daß er sie malt und ich meinen Beitrag leiste, daß der viele Rosé, der im Languedoc angebaut wird, auch getrunken wird. Alle Kontaktdaten und viele weitere Bilder finden Sie HIER.

Die Bars von Uzes


Treichler hält es mit den Impressionisten, besonders mit Monet, dem in Lausanne geborenen Félix Vallotton und natürlich Henri Matisse, der das so ausdrückte:
„Ich träume von einer Kunst des Gleichgewichts, der Reinheit, der Ruhe, ohne beunruhigende und sich aufdrängende Gegensätze, von einer Kunst, die für uns ein Beruhigungsmittel ist, eine Erholung für das Gehirn, so etwas wie ein guter Lehnstuhl, in dem man sich von psychischen Anstrengungen erholen kann.“ 

Bewundern konnte man Treichlers Bilder 2011 in Galerie des Capucins in Uzès und zuletzt in diesem Jahr in der Kronen-Galerie in Zürich. Der „Tages-Anzeiger“ schrieb: 
„Sein Anliegen, alles einfach Schöne und Heile zur Kenntnis zu nehmen, es aufzuwerten und einer weiteren Zerstörung und Dezimierung entgegenzuwirken, trägt Treichler freilich nicht mit Empörung und Schroffheit vor, sondern mit Weichheit, einladender Bildräumlichkeit, lichterfüllten Flächen und malerischer Harmonie.“
Iva Tésorio hat nach ihrem mit Promotion abgeschlossenen Studium der Kunstpädagogik das Licht des Südens gesucht, viel an Schulen gearbeitet, drei Kinder bekommen, aber trotzdem ihre Kunst immer in
den Mittelpunkt gestellt. In der Renaissance, sagt sie, hätte sie am liebsten gearbeitet und Anklänge finden sich immer wieder in ihren Werken. In vielen Schichten malt sie Wachs und Öl übereinander, zieht mit dem Spachtel ab und übermalt neu, was eine ganz plastische Malerei entstehen läßt. Ihre Leinwände gewinnen die Tiefe des Raumes. Fast immer gibt es nur einen Bildmittelpunkt; das kann ein Baum sein, ein Fisch oder ein Kind, die dadurch eine abstrakte und unwirkliche Wirkung bekommen.

Mehr Kunst in Uzès finden Sie HIER, zum Beispiel von John Townsend und Viva Brébis.