Samstag, 14. Oktober 2017

Brecht, Feuchtwanger, Mann: Nebensächliches und Nonsinniges

Nicht allen Exilanten in Sanary und den umliegenden Badeorten waren der Alkohol und die immer wieder gleichen Gespräche in kaum einmal wechselnden Besetzungen in den Bars am Hafen genug. Als Bertolt Brecht für ein paar Tage bei Marta und Lion Feuchtwanger wohnte, stand sein Urteil schnell fest:
„Hier am Mittelmeer ist es langweilig. Heinrich Mann imitiert Victor Hugo und träumt von einer zweiten Weimarer Republik.“
Feuchtwanger und Brecht fiel immer wieder etwas ein, um der Langeweile zu entfliehen. Und wenn sie das Kommunistische Manifest in Gedichtform brachten. Solche Fingerübungen schienen Brecht zu liegen. Als er kurz nach der Hochzeit mit Helene Weigel am Strand von Le Lavandou stand, dichtete er nonsinnig:

„Hier standen die alten Mauren
Und schauten aufs Meer hinaus

Und sagten, nun kann’s nicht mehr lange dauern
Und dann ist’s mit uns aus.


Bar de la Marine: Einer der ständigen
Treffpunkte der deutschen Exilautoren
Und damit hatten die Mauren recht,
Denn mit ihnen ist’s jetzt aus

Und da, wo sie standen, steht jetzt der Brecht
Und schaut aufs Meer hinaus.“

Auch wenn man die Tagebücher von Thomas Mann liest, ist nicht alles „zauberergemäß“, wiederholen sich die Nebensächlichkeiten, wie überhaupt die Mückenplage, der Wind, die Wassertemperatur und das Schicksal der Möbel aus der Münchener Villa die beherrschenden Themen seines Sommers in Sanary waren. Für Klaus und Erika Mann dagegen war Sanary der erklärte Treffpunkt der „pariserisch-berlinisch-schwabingerischen Malerwelt“ sowie der angelsächsichen Bohème.

Und erst recht hoch ging es her, wenn dann Jules Pascin, „der Abgott von Montparnasse“ auftauchte, wie üblich „leicht schwankend, die Zigarette zwischen den genusssüchtigen Lippen, den Hut schief über den melancholisch-lasziven Augen, umgeben von ein paar Damen, die auch nicht mehr nüchtern“ waren. Anfang des Jahrhunderts hatte Pascin in München mit Purrmann, Slevogt und Kandinsky mit expressionistischem Überschwang die bayerische Gasthausgemütlichkeit durcheinander gebracht. Später in Paris wusste man, wenn man dem Comic von Joann Sfar Glauben schenken will, immer, wo man Pascin finden konnte:

"Entweder in seinem Atelier oder einem Bordell."

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