Samstag, 3. Februar 2018

Birgit Vanderbeke: Tödliches Pilzragout

Wer in Südfrankreich leben will, muß das Buch lesen.  
Viele Jahre lebt die Bestsellerautorin Birgit Vanderbeke nun schon in Saint-Quentin-la-Poterie, einem Töpferdorf gleich neben Uzès. Für Südfrankreich hat sie eine „Gebrauchsanweisung für Südfrankreich“ vorgelegt, der man die oft genug berechtigte Besorgnis entnimmt, gerade die deutschen Besucher könnten sich hier daneben benehmen. Pflichtlektüre für jeden, der sich, wenn auch nur zeitweise, im Midi niederlassen will. Vielleicht noch interessantes ist die nachfolgende Anleitung zum Glücklichsein.

Wie Sie Ihren Mann um die Ecke bringen - das Rezept funktioniert auch für andere unausstehliche männliche Wesen - können Sie in Vanderbekes Roman „Die sonderbare Karriere der Frau Choi“ nachlesen. Wichtig ist der schöngelbe Klumpfuß (Cortinarius splendens), der zwei Vorteile hat: Erstens beginnt die Wirkung erst nach ein paar Tagen und zweitens sind nicht einmal die Rechtsmediziner der Universität Straßburg in der Lage die Vergiftung nachzuweisen.

Im September, wenn ein paar verlaufene Touristen das kleine Cevennendorf verlassen haben, wenn

„der Strom heruntergedreht wird und schwankt und man denkt, man ist im falschen Jahrhundert, weil man sein Haus nicht mehr hell bekommt. Die Handys haben keinem Empfang, Zentralheizung gibt es nicht, und wenn der Wind auf dem Schornstein steht, drückt er den Rauch des Kamins nach innen.“

Von der Qual der Pfannenwahl bis zum "richtigen" Pilz
Dann kommt die Koreanerin, Frau Choi aus Gwangju - für die es ein tatsächliches Vorbild gibt -, baut die alte Seidenspinnerei aus und seltsamerweise wird ihr Restaurant trotz des nicht nur für die Dorfbevölkerung unaussprechlichen Namens „Bapguagup“ ein großer Erfolg. Vielleicht hat es aber auch nur damit zu tun, daß bei ihr die richtigen Leute von den falschen Pilzen essen.

Die anregenden Beschreibungen von Frau Chois Kochkunst lassen vermuten, daß auch Birgit Vanderbeke ihre Küche gerne nutzt. In einem Brigitte-Interview gesteht sie das gegenüber Christa Tehlen ein:

„Gutes Essen ist mir sehr wichtig. Noch wichtiger ist mir aber das Kochen. Wenn ich eine Woche weg war zelebriere ich ein paar Tage später regelmäßig eine regelrechte Koch-Orgie. Das Verhältnis von Gut-Essen zu Kochen ist bei mir ganz ähnlich wie das von Lesen zum Schreiben. Das erstere ist wunderbar, aber ohne das letztere mag ich nicht leben.“ 

Als ich sie fragte, ob sie bereit sei, mir ihre Kochkunst an einem Pilzragout zu beweisen, hat sie für das ja nicht lange überlegt. Nur, es war August, um die Pilze müsse ich mich kümmern. Und dann kam noch eine Mail:
„Weder Frau Choi noch ich würde jemals mit Pilzen aus dem Supermarkt kochen.“
Das war eine Herausforderung. Unser Nachbar Michel war, ja, er war großartig, wenn es um Fundstellen für frische Pilze geht. Zwischen Saint-Germain-de Calberte und Pont de Montvert müsse es jetzt sicher schon ein paar Sommersteinpilze geben und Pfifferlinge sowieso. „Allerdings der wenige Regen…“ und wiegte bedenklich den Kopf. Wenig? Seit dem 30. März hatte es nicht mehr einen Tropfen gegeben, also eher nicht die idealen Voraussetzungen für einen feuchten Waldboden.


Hilfsbereiter Sternekoch: Jérôme Nutile
Ein paar Tage vorher hatte ich glücklicherweise mit Jerôme Nutile den einzigen Sternekoch des Gard kennen gelernt, der tatsächlich Gardois ist. Um acht Uhr morgens machte ich mich auf nach Collias ins „Le Castellas“, seinem Zweisterne-Restaurant - da war er noch nicht nach Nîmes umgezogen. Um diese Zeit bereitete die Küchenmannschaft schon das Mittagessen vor. Sechs Soßen aus der Hand des „Meillieur Ouvrier de France“ waren schon fertig. „Pas de problème.“ Und dann hatte ich zunächst die Auswahl zwischen Pfifferlingen, Morcheln und Steinpilzen, die dann allerdings Nutile für mich traf. Die Steinpilze seien schon ein wenig „fatigué“, würden also allenfalls noch in Soße oder Suppe enden.

Jedenfalls waren die Damen Choi und Vanderbeke mit der Qualität der Pilze zufrieden und zauberten ein Pilzragout, wie ich nicht nur nachmittags um halb fünf noch kein besseres gegessen habe.

"...gewohnheitsmäßig schöngelben Klumpfuß"
 


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