Hans Christian Andersen im Jahr 1869. Foto von Thora Hallager |
„Durch die Provence, die mir ganz dänisch aussah, erreichte ich Nîmes, wo die Größe des prächtigen römischen Theaters mich auf einmal nach Italien zurückversetzte. Das sogenannte Viereckige Haus steht noch in seiner ganzen Pracht, wie der Theseustempel bei Athen; Rom hat nichts so Wohlerhaltenes.“Der römische Süden brachte Andersen wenigstens zeitweise auf andere Gedanken. Ständig waren seine Ängste gegenwärtig, echte wie vermeintliche, die vor Hunden, vor dem Feuer und vor allem die, lebendig begraben zu werden. Das neun Meter lange Seil, das er in Hotelzimmern vorsorglich ans Fenster legte, kann im Museum in Kopenhagen besichtigt werden. „Ich bin nur scheintot“, soll er nicht nur auf Reisen immer einen Zettel auf den Nachttisch gelegt haben.
Eines hatte der Mann, den die meisten von uns nur als Märchendichter kennen, mit Thomas Mann gemein: Die ausdauernde Unbarmherzigkeit, mit der er Tagebuch führte und jede Alltäglichkeit für notierenswert hielt, was nicht so schlimm gewesen wäre, aber auch für veröffentlichungswert hielt. Obwohl es dazu natürlich auch eines Verlegers bedurfte. Mit der gleichen Hartnäckigkeit, mit der Mann das Vorhandensein oder die Abwesenheit von Stechmücken notierte, schrieb Andersen mit bereits siebenundzwanzig Jahren eine erste Autobiographie, in der er seine ganzen eingebildeten Krankheiten und Unpäßlichkeiten auflistete.
Wenn man sich selbst nur ausreichend wichtig nähme, dann sei man auf dem Weg ein Kunstwerk zu werden, hatte Thomas Mann notiert. Diese These hätte Andersen blind unterschrieben.
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