Samstag, 4. Mai 2019

Trüffel nicht nur in Richerenches und Uzès

Einfach und klassisch: Trüffelomelette
Manche Daten prägen sich einfach ein: So der erste Samstag nach dem 15. November. Um halb zehn können wir uns jedes Jahr auf dem Trüffelmarkt in Richerenches begegnen. Einfach von Bollène aus etwa 25 Kilometer nach Nordosten. Dort, auf der Avenue de la Rabasse und dem Cours du Mistral, provenzalischer geht es fast nicht, findet einer der bekanntesten Trüffelmärkte  statt. Mit "lou rabasso" bezeichnen die Provenzalen ihre schwarzen Diamanten. Morgens wird der Tagespreis für die Trüffel
festgelegt und dann beginnt ein Handel, der immer noch meist ein steuerfreies Geschäft ist. Deshalb sind auch Kameras auf den Märkten nicht gerne gesehen.

Machen Sie doch den Versuch und verlangen Sie einmal eine Quittung mit Datum und Namen des Verkäufers. Schneller können die Trüffel nicht wieder im Kofferraum verschwinden und Ihr Gesicht ist dem Verkäufer auch noch ein Jahr später ins Gedächtnis gebrannt.

Ganz seriös, also weniger schwarz, geht es zu, wenn die großen Einkäufer kommen, die dann schnell fünfstellige Summen ausgeben, aber in der Regel direkt bei ihren Vertrauenspersonen kaufen, bevor die ihre Ware auf dem Markt anbieten. Frische - und damit auch das Gewicht - ist der wichtigste Wertfaktor der Trüffel. Fünf , sechs Stunden später werden die Pilze bereits in Paris (je nach Qualität und Jahr für 1.200 bis 3.000 Euro je Kilogramm) weiterverkauft. Spitzenköche sagen, daß ein Trüffel nach zehn Tagen fatigué, nach vierzehn Tagen mort ist.

Manche frieren Trüffel ein; so hat dann der teuer zahlende Gast mehr etwas fürs Auge als den Geschmack. Die beste Art Trüffel aufzuheben, ist in einer mit Erde gefüllten Holzkiste im nicht zu kalten Kühlschrank.
Mehr Besucher als Einwohner während des Trüffelmarktes
Sogar wer erst nach dem Mittagessen durch die Avenue de la Rabasse spaziert des 600-Seelen-Dörfchens spaziert, wird noch vom Trüffelhauch umwoben. Irgendwann im März ist die Trüffelsaison zu Ende. Die genauen Daten und auch die Tagespreise erfahren Sie vom Office de Tourisme (0033 490 28 05 34) im Alten Templerquartier; von dort stammen auch einige Bilder dieses Beitrags.
Vier Generationen von Trüffelkennern: Die Familie Tournayre
Eine seriöse Adresse für den Trüffelkauf findet sich an der D 981, der Route d'Alès Nummer 830 in Uzès: Les Truffières; hier auch in Bildern. Der Familienbetrieb von Michel Tournayre wurde in den 1950er Jahren von seinem Großvater Pierre, der von allen nur "lou Pierret" genannt wurde, gegründet. Heute können Sie hier auch eine geführte Trüffelsuche mitmachen (04 66 22 08 41) oder im Sommer eine Führung durch eine der größten Trüffelplantagen in Frankreich. Samstag vormittags ab zehn Uhr gibt es auch einen Kochkurs mit Thomas Clament.


Mit guter Spürnase auch selbst erfolgreich
Unmengen von Trüffelrezepten gibt es; in der Regel sind die einfachsten die besten. Wenn Sie es sich aber tagsüber verdient haben, was Sie selbst entscheiden, könnten Sie sich mit einer „Luberon- Bouillabaisse“ verwöhnen lassen, die im „La Fenière“ in Lourmarin aus getrüffelten Kartoffeln, grünem Spargel und Wachteleiern gezaubert wird.

Den Abend können Sie mit der Lektüre von Gustaf Sobins „Trüffelsucher“ beschließen, dessen Cabassac seinen kostbaren Schatz nicht im Unterholz der Wälder, sondern in seinen kaum besuchten Vorlesungen über die provenzalische Sprache findet. Das Buch des Amerikaners ist kein Buch für Doppelnamen-Frauen, wie der Verriß von Kristina Maidt-Zinke in der Frankfurter Allgemeinen zeigt. Als mißglückter

„getrüffelter Kaiserschmarrn voll schwüler Erotik“
wird Sobin von ihr als ungenießbar angesehen. Cabassac indes schert sich nicht drum und
„ging weiterhin in jedem Winter auf die Trüffelsuche, so wie er im Frühling wilden Spargel stach, blühende Heilkräuter im Sommer sammelte und eine Fülle von bleichen, gefleckten Pilzen im Herbst.“
Wie Sobin selbst übrigens auch, den die Spurensuche nach René Char in die Provence, nach Goult, führte, wo er die längste Zeit seines Lebens wohnte. Der umfangreiche Briefwechsel der beiden ging nach Sobins Tod im Jahr 2005 an die Yale Collection of American Literature.

Samstag, 27. April 2019

Pont du Gard: Bauwerk für Jahrtausende


Für viele das Sinnbild des französischen Südens: Der Pont du Gard
Die anrührendste Szene aus den vielen Beschreibungen des Pont du Gard liefert der Volksstückeschreiber und Regisseur Marcel Pagnol. Er erinnert sich an seinen Großvater, einen Steinmetz, der bei den regelmäßigen Ausflügen an den Pont du Gard immer wieder eine bestimmte Stelle aufsuchte, und dort, seine römischen Kollegen bewundernd, mit der Hand über Steine und Fugen strich.
„Nach dem Essen setzte er sich ins Gras, die Familie gruppierte sich im Halbkreis um ihn herum. So verweilten sie im Angesicht der tausendjährigen Brücke, einem Meisterstück römischer Baukunst, das der Großvater bis zum Abend nicht mehr aus den Augen ließ.“
Das hätte beim amerikanischen Romancier Henry James nur ein verständnisloses Kopfschütteln hervorgerufen: „Und all das nur, um das Wasser von ein paar Quellen zu einer kleinen Provinzstadt zu leiten!“ Von Haus aus wohlhabend, studierte James erst kurz an der Harvard-Law-School, ehe er beschloß Schriftsteller zu werden, nach Europa reiste und 1882 seine „Kleine Frankreichtour“ schrieb.

Prosper Mérimée, 1834 zum Verantwortlichen für die systematische Erfassung und Instandsetzung der französischen Baudenkmäler ernannt - aber auch als Novellist und Übersetzer Puschkins, Gogols und Turgenjews hervorgetreten -, bewunderte neben der Bauleistung vor allem die auf Langfristigkeit angelegte Planung der römischen Baumeister.


An verschiedenen Stellen ragen aus dem Pont du Gard noch heute die Steine heraus, die das Gerüst trugen. Nach Beendigung des Bauwerkes hätte man sie leicht entfernen können, aber die Bauverantwortlichen entschieden dagegen:
„Welches Vertrauen doch die Römer auf die Dauer ihres Reiches setzten, daß sie vorhersahen, man könne eines Tages den Pont du Gard reparieren müssen.“ 
Direkt aus dem Pont du Gard Steinbruch:
Eine "römische" Gartenmauer im Nachbarort Vers
Nicht alle im Pont du Gard verbauten, so wunderschön zugeschnittenen Steine haben die Zeit überstanden. Viele finden sich heute als Türsturz, Fensterbank oder gar Gartenmauer benachbarter Häuser wieder.


Nur zufällig im Zweiten Weltkrieg nicht zerstört


Das hatten sich die Strategen der Wehrmacht gut ausgedacht: Wenn man ein Munitionslager in der Nähe des Pont du Gard errichtete, würden die Alliierten von einer Bombardierung absehen. Und dem war auch so. Dann aber, nach der Landung und dem Vormarsch der Amerikaner und Briten in Südfrankreich versuchten die Deutschen das Lager, das aus immerhin 159 Baracken bestand, zu sprengen. Doch glücklicherweise hatte die Sprengschnur einen Defekt und so blieben auch die Dörfer Vers und Castillon verschont. Nach dem Krieg dauerte es zwei Jahre, bis fast fünfzigtausend Tonnen Munition geborgen und vernichtet werden konnten.

Während der ersten zweitausend Jahre hat er das nicht nötig gehabt. Ganz anders die zu Beginn des 17. Jahrhunderts auf Höhe der untersten Pfeiler angebaute Brücke, die schon nach gut einhundert Jahren von den Architekten Laurens und Daviler restauriert werden mußte. Fast vierzig Jahre, bis 1747, wurde daran gearbeitet. Gut über zweihundert Jahre ist der Verkehr zwischen Nîmes und Uzès über dieses Brückchen gefahren, das auch in späterer Zeit immer wieder verstärkt und ausgebessert werden mußte. Dem römischen Teil des Pont du Gard haben nicht einmal Busse, Lastwagen und schwere Militärfahrzeuge etwas anhaben können.


Samstag, 20. April 2019

Pont du Gard: Zweisterne-Imbiß für unseren Hund

Moritz Hartmann: Der Revolutionär  
findet Zuflucht beim Adeligen
Remoulins bildet „den Stapelplatz aller Besucher des römischen Monuments“, schrieb Moritz Hartmann in einer Novelle für die Kölnische Zeitung. Selbst den deutschen Lesern mußte dieses Monument nicht mehr namentlich benannt werden; der Pont du Gard war auch hier gleichbedeutend für die römische Provence. Es sei so üblich, „daß man im Gasthaus Pferd und Wagen stehenläßt, und von da aus zu Fuß dem Gardon entgegengeht, während welcher Zeit das freundliche Gasthaus ein üppig südliches Mittagessen für die Rückkehrenden bereitet. Dieses Gasthaus gibt dem fremden Wanderer auch einen Führer mit. Der Führer heißt Porthos, wie der eine der Dumasschen Mousquetäre und ist unter seinen Kollegen sicher einer der merkwürdigsten dieses Jahrhunderts."

Pont du Gard: Im 19. Jahrhundert hieß er nur "das römische Monument".
Den Namen Fremdenführers verdiene er nicht,
"denn schweigsam, ja stumm geht er neben dem Wanderer einher und begnügt sich, durch einfaches Stehenbleiben auf die schönsten An- und Aussichtspunkte aufmerksam zu machen. Er unterscheidet sich dadurch aufs vorteilhafteste von seinen Kollegen, die gewöhnlich im Wanderer keinen eigenen Gedanken aufkommen lassen und es für ihre Pflicht halten, die ganze Zeit mit eingelerntem Geplauder auszufüllen.“
Und niemals, sagt Hartmann, er wisse es ganz gewiß, habe dieser Führer auch nur das kleinste Trinkgeld angenommen. Bescheiden und dankbar nehme er allenfalls am Mittagessen teil. „Unter Menschen sind diese Tugenden alle ausgestorben, besonders, wenn sie in der Nähe berühmter Monumente wohnen.“ Ach, und er habe ganz vergessen zu erwähnen, daß „Porthos nichts anderes als ein Hund“ sei, ein großer Hund, der morgens vor dem Hotel gewartet hatte.

Ausnahmsweise kocht der Sterne-Koch auch für einen Hund
Dankbar bin ich Jerôme Nutile, daß er für meinen Film über literarische und gastronomische Entdeckungen in Südfrankreich die Szene des Hundes Porthos mit- und nachgespielt hat. So ist "unser Porthos" der bisher einzige Hund, der von einem Zweisterne-Koch bedient wurde – mit abgenagten Knochen der Lammkoteletts aus dem Tagesmenu, das sei dazu gesagt.



Samstag, 13. April 2019

Les Baux-de-Provence: Die Weinkarte des "Oustau de Baumanière"


Ordentlich, aber nicht das "Baumanière". Dafür aber meine bezahlbaren Favoriten
In zinstiefen Zeiten lohnen sich Immobiliengeschäfte oder konspirative Vorgehensweisen: Etwa dem Sommelier des „L'Oustau de Baumanière“ auf seinen Reisen nach Burgund und ins Bordeaux zu folgen und dann dort bei den gleichen Weingütern einzukaufen. Warum? Das können Sie sich am Ende dieses Beitrags leicht ausrechnen.

Wenn Sie heute mit Ihrer Frau im „Baumanière“ in Les Baux zu Mittag essen und ein Menü mit dem schönen Namen „La Ballade des Baux“ zu sich nehmen, dann kostet das zunächst einmal nur 420 Euro. Nun gibt es ja die gastronomische Hochrechnung, dass ein Restaurantbesucher für das Essen etwa genau so viel ausgibt, wie für die Getränke. Diese Formel gilt hier nur bedingt, etwa wenn Sie einen der selteneren Weißweine aus Chateauneuf-du-Pape vom Château Rayas zu 450 Euro wählen. Der Rote des Jahrgangs 1990 kostet das Dreifache.

Es kann aber auch ein Vielfaches des Menüpreises werden, etwa wenn wir an einen Burgunder aus Montrachet von der „Domaine de la Romanée Conti“, den aus dem Jahr 2003, denken. Dann wären wir schon bei 4.500 Euro. Auch Aris Enkelin wird sich das nicht jeden Tag leisten wollen. Sie hat im vergangenen Jahr das Haus Ihres Großvaters Ari in Gordes für 400.000 Euro verkauft. Ari hatte vor sechzig Jahren noch 200 Francs dafür bekommen, daß er das Haus einem Bauern überhaupt abkaufte und sich vor dem Notar verpflichtete, es für den Sommer bewohnbar zu machen
und das Grundstück zu pflegen.
Aris Haus: Mit Phantasie und Schwielen zur Goldgrube - nicht nur in Gordes
Dem Bauern war es peinlich, wann immer er in die Bar oder die Mairie ging, auf diesen langsam zerfallenden Schandfleck am Dorfplatz angesprochen zu werden. Nach dem Notartermin freute er sich in der Bar du Commerce über das gute Geschäft, das er gemacht hatte. Ein Abriß hätte gut und gerne das Doppelte gekostet.

Neben etwas Geld, der teuerste Champagner liegt bei 3.900 Euro - ein Clos d’Ambonnay aus dem Jahr 1995 - sollten Sie vor allem Zeit mitbringen ins „Baumanière“. Allein die Weinkarte hat einen Umfang von siebzig Seiten mit Flaschenpreisen bis zu 14.500 Euro. Wenn wir uns die älteren Bordeaux ansehen, etwa einen Lafite, den Jean-André Charial bis zurück ins Jahr 1870 vorrätig hat, erfahren wir den Flaschenpreis nicht mehr aus der Weinkarte. Für die Jahrgänge von 1870 bis 1924 erhalten Sie die Preise „auf Anfrage“.

Immerhin: Wer Angst vor einer Alkoholkontrolle hat, dem bietet der Sommelier an, die angebrochene Flasche mit nach Hause zu nehmen und dort in Ruhe auszutrinken. Und wer dann noch 5.000 oder mehr Euro in der Flasche hat, tut dies auch sicher gerne. 

...Tomaten aus dem Garten
Von einer Regel wird im „Baumanière“ allerdings regelmäßig abgewichen, nämlich der, dass der Wein, den man trinkt auch der sein müsse, den der Koch für die Soße nimmt. Der in Pakistan geborene Sylvestre Wahid, der die Küchenbrigade fast zehn Jahre dirigierte und sich zwei Sterne erkochte, soll schon mit Weinen gekocht haben, die nicht einmal fünfhundert Euro gekostet haben. Was Wahid aus einem Stück Loup de Mer und ein paar Muscheln zaubert, sehen Sie HIER im VIDEO von Côté Chef.

Die Weinkarte ist mit einer Reihe von Zitaten von Victor Hugo geschmückt, darunter einem Text, von dem aber nur die beiden ersten Zeilen wiedergegeben werden. Die dritte Zeile konnte Hugo allerdings auch noch nicht kennen.

„Der liebe Gott hat nur das Wasser gemacht,
der Mensch aber den Wein,
und das Oustau de Baumanière die Preise.“

Freitag, 5. April 2019

Arles: Die Schönheit der Frauen

Für viele der Grund
für die Reise nach Arles.
Bild Mark J. Sebastian
Wer im 19. Jahrhundert nach Arles fuhr, tat dies oft ausschließlich wegen der sprichwörtlichen Schönheit der Frauen aus Arles. Nicht nur deshalb und völlig unabhängig voneinander, waren auch die beiden Abiturienten Gustave Flaubert und Hugo von Hofmannsthal nach Arles gekommen; jeweils die Eltern hatten die Reise ermöglicht. Hofmannsthal war schwärmend schwer beeindruckt von der „feierlichen römischen Schönheit, von den Kameenprofilen und dem königlichen Gang und den königlichen Gebärden“. Flaubert äußerte sich enttäuscht, daß er nur so wenige dieser schönen Geschöpfe gesehen habe und machte deshalb, fünf Jahre älter, einen zweiten Besuch. „Die Schönheiten scheinen mir in größerer Anzahl vorhanden zu sein, als bei meinem ersten Besuch.“ Mit ihren auflagenstarken Texten haben Frédéric Mistral und Alphonse Daudet dieses seit Generationen funktionierendes Marketingkonzept unterstützt. Hier eine Bildreihe. 

Und nachfolgend noch einige der beeindruckenden Fotos von Roger-Christian Linsolas. Merci à Mark et Roger-Christian.


Der amerikanische Romancier Henry James hielt nicht viel von der Stadt Arles und wollte schnell wieder weg, aber „wenn es dennoch ein reizvoller Ort ist, so kann ich den Grund dafür nur sehr schwer angeben. In gewissem Maße sind die geradnasigen Arlesiennes dafür verantwortlich“ - und übergangslos weiter - „ansonsten dürfte es an den Ruinen der Arena und des Theaters liegen“. Wenn man sich seine Aufzeichnungen genauer ansieht, fällt auf, daß eine der längeren Passagen über Arles, wie könnte es anders sein, einer Frau gewidmet ist.

Schon von Mistral besungen: Die Arlésiennes
Nämlich der Besitzerin des Kaffeehauses auf dem Place des Hommes; der Platz hatte damals diesen Namen, weil sich hier frühmorgens die Guts- und Mühlenbesitzer ihre Tagelöhner aussuchten. Place du Forum heißt er heute und aus dem Hôtel du Nord ist das Nord-Pinus geworden.

„Der Grund für die Erquickung des Abends war, daß hinter der Theke auf ihrem Thron eine prächtige, reife Arlésienne saß, welche zu betrachten ein seltenes Privileg war.“
Venus aus dem Antikenmuseum in Arles
Es gebe keine Regel des guten Benehmens oder Moral, so rückversichert sich James selbst, „derzufolge es unanständig wäre, in einem Kaffeehaus die Augen auf die dame de comtoir zu heften.“ Die Dame gehöre, das liege in der Natur der Dinge, „zur consommation“. Folglich war es freigestellt,

„ohne Einschränung die stattlichste Person zu bewundern, die ich je auf ein Fünf-Franc-Stück habe herausgeben sehen. Sie war eine große, ruhige Frau, die die vierzig schon beträchtlich überschritten hatte, von ausgesprochen femininem Typus, und dennoch wunderbar kräftig und robust. Sie hatte die Würde einer römischen Kaiserin, und sie ging mit den Kupfermünzen um, als wäre der Kopf Cäsars darauf geprägt.“
Schwer beeindruckt also offensichtlich der Amerikaner, der während der nachfolgenden Beschreibung des Theaters von Arles plötzlich selbstironisch feststellen muß, daß sie ihn ein wenig abgelenkt habe,
„die bewunderungswürdige Austeilerin von Zuckerstückchen“.


 

Donnerstag, 28. März 2019

Heinekes Versuchung sollte man erliegen

Eine kleine Empfehlung für zartbesaitete Gemüter vorab: Lesen Sie dieses Buch nicht an einem sonnigen Sonntagvormittag vor dem Mittagessen. Sonst könnten Sie in die Gefahr geraten im Essen nach abgeschnittenen Fingern und Igelstacheln zu suchen.

Sonst aber: Ein lesenswerter Provence-Krimi von jemandem, dem man anmerkt, das er schon oft durch die Lavendelfelder gestreift ist. Da wird Band 3 der Geschichten um den Dorfpolizisten Pascal Chevrier nicht lange auf sich warten lassen. Im ersten Band hatte der sich aus Paris in den Luberon versetzen lassen, natürlich in der Hoffnung hier abends mit einem beschlagenen Glas Rosé auf dem platanenbestandenen Dorfplatz zu sitzen und über Gewaltverbrechen allenfalls noch in der Zeitung zu lesen. Weit gefehlt.

Eine Bruderschaft von Köchen und Kochbuchfanatikern, militante Tierschützer und herzlose Gourmets mit ethisch nicht vertretbaren Geschmäckern lassen Chevrier zunächst ganz schön im kriminalistischen Nebel stochern, der sich natürlich lichtet. Und, da wird man kein großer Wahrsager sein müssen, im nächsten Band wird Pascal endlich auch sein hübsche Kollegin Audrey von der Police Nationale nach einer Bouillabaisse verführen; deren letzte große Liebe war eine Frau.

Fast bin ich etwas zusammengezuckt, als der Oberbösewicht sich als Bibliothekar mit engen Verbindungen zu meiner Lieblingsbuchhandlung
Le Bleuet im kleinen Örtchen Banon herausstellt. Doch zum Glück hat Heineke darauf hingewiesen, daß dieser Bezug frei erfunden ist. Joël Gattefossé hat sie so um 1990 in einem schmalen und scheinbar sehr kleinen Haus am Place Saint-Just gegründet ; heute ist sie mit über 100.000 lieferbaren Titeln die größte französische Buchhandlung im ländlichen Raum. Selbst mehrfache Eigentümerwechsel haben ihr kaum etwas ausmachen können, was man an der Remissionsquote von rund 3 Prozent ablesen kann

Da es sich bei einer Rezension gehört, nicht nur einfach begeistert zu sein, sondern auch etwas herumzukritteln, sei der Hinweis erlaubt, daß „Die Pest“ von Albert Camus nichts mit der großen provenzalischen Pest vom Beginn des 18. Jahrhunderts zu tun hatte, sondern sich auf die Ereignisse im nordafrikanischen Oran in den 1940er Jahren bezog. Und wenn der Verlag für Band 2 von Heinecke und Chevrier im Titelbild den Reihencharakter betont hätte, wäre das sicher auch nicht schlecht gewesen.

Aber: Wer die Titel von Heinecke bisher nicht kennt, kauft sich am besten gleich beide.
Mehr über und vom Autor HIER und mehr über die Buchhandlung HIER .
 

Andreas Heineke, Versuchung à la Provence,
 Emons Verlag, 2019, 286 Seiten, 11,90 €uro

Freitag, 22. März 2019

Châteauneuf-du-Pape: Die Qual der Wahl

Von Orange ist es nicht weit nach Châteauneuf-du-Pape; gerade mal 10 Kilometer auf der D 68 nach Süden. Rund siebzig Prozent der hier angebauten Reben sind Grenache. Wenn Sie diese Weinberge mit den knorrigen Reben und den sandigen Lehm dazwischen, versetzt mit großen Kieselsteinen, noch sehen möchten, sollten Sie die Reise bald machen. Seit ein paar Jahren schon – und inzwischen immer ernsthafter – machen sich die Weinbauern Sorgen wegen des Klimawandels.

Typisch Châteauneuf-du-Pape: Mehr Kiesel als Erde im Weinberg.
Und der Mont Ventoux wacht im Hintergrund.
Ganz so weit zum Glück, wie T.C.Boyle das in seinem Roman „Ein Freund der Erde“ beschrieben hat, sind wir noch nicht. Für das Jahr 2025 sieht Boyle den Reisanbau aus der Camargue nun an der Loire. Die Ebenen Südfrankreichs sind weitgehend zu Wüsten verkommen und Europas beste Anbaubedingungen für Wein finden sich in Norwegen - so könnte man die Geschichte fortschreiben.

Fakt ist, das die Grenache-Trauben die ansteigenden Temperaturen nicht gut vertragen. Der Reifeprozess der Trauben und die Zuckerbildung verhalten sich gegenläufig, was dazu führt, daß die Weine nicht mehr so ausrechenbar sind und an Qualität verlieren können. Letzter Ausweg: Die Grenache-Weinberge werden in Neuanpflanzungen durch Reben ersetzt, die bewiesen haben, daß sie das nordafrikanische Klima vertragen, etwa Viognier oder Alicante-Bouchet, eine Grenache-Kreuzung.

 
Erste Lese nach drei Jahren: Meist in Handarbeit und diesmal mit Laurent Cogoluègnes und Klaus Studer
Durch Châteauneuf-du-Pape zu fahren und so zu tun, als könne man das Thema Wein links liegen lassen, geht nicht. Aber wie sich dem nähern, welchen probieren? Entweder also auf gut Glück oder auf Empfehlung der Weinführer - was übrigens oft das gleiche ist -, sich der einen oder anderen Domäne zuwenden. Sie können sich auch im Office de Tourisme einen „Passeport pour la découverte“ ausstellen lassen und auf der Domaine Saint Benoît den Anfang ihrer Weinreise durch einen Ort machen, in dem alles andere nicht zu zählen scheint. Ungewöhnlich auf Saint Benoît ist, daß hier die Familien Cellier, Courtil und Jacumin 1989 ihre insgesamt sechsundzwanzig Hektar zusammengelegt haben.

 Der Weg zum Überblick über Châteauneuf              Bild Château des Fines Roches

Oder Sie lassen sich von Äußerlichkeiten beeindrucken, wie der zypressenbestandenen Auffahrt zum Château des Fines Roches, einem Vier-Sterne-Hotel, oder lassen sich himmlisch inspirieren. Dann könnten Sie engelsgleich in der Domaine de Côte de l’Ange landen und dort, eine der wenigen Ausnahmen in Châteauneuf, sich das mitgebrachte Vrac füllen lassen. Fast überall sonst legt man Wert auf die ungleich höheren Flaschenpreise; mit


Die Familie Reynaud in vierter Generation.
Sie bauen auch die Weine der Châteaux des Tours und de Fonsalette aus.
die höchsten finden sich beim Château Rayas. Da müssen Sie schon gute Gründe finden, um eine solche Flasche, selbst wenn Sie sie sich leisten möchten, auch erwerben zu dürfen. In der Regel geht die gesamte Menge an vorgemerkte Privatkunden; im Handel ist der Wein überhaupt nicht zu finden.

Das Marketing in Châteauneuf ist perfektioniert, nur den Mistral hat man nicht immer im Griff; der ist aber wichtige Voraussetzung für einen guten Jahrgang. Der Nordwind trocknet die Blätter und Trauben, verhindert so die Fäulnis und bläst sogar die Schädlinge in die Rhone.

Aber all diese Überlegungen brauchen uns gar nicht zu belasten und der Qual der Wahl dürfen Sie sich mit dem folgenden (literarischen) Vorschlag entziehen: Wir fahren zur Domaine Mathieu (0033 490 837209), die etwas außerhalb des Ortes an der Straße nach Courthézon liegt. Dort wird aus uralten Weinstöcken, sie wurden 1890 und 1892 gepflanzt, die „Cuvée du Marquis“ produziert. Namensgeber ist der Freund des Literaturnobelpreisträgers Frédéric Mistral und Mitbegründer der Félibrige Anselme Mathieu, einer der Vorfahren der heutigen Eigentümer.


Der Vin di Felibre
für knapp 40 Euro.
Bild Domaine
Oder Sie nehmen mit dem „Vin di Felibre“ eine erste Lektion in provenzalischer Sprache. In diesem Wein - benannt nach der „Félibrige“, einer Vereinigung zur Wiederbelebung der provenzalischen Sprache und Literatur - finden Sie alle dreizehn zugelassenen Sorten für einen Châteauneuf, wobei die Rebsorte Mourvèdre überwiegt. In vielen anderen Regionen wird die „nur“ eingesetzt, wenn der Wein eine besonders tiefrote Farbe bekommen soll.

André und Jérôme Mathieu werden Ihnen empfehlen diesen Wein mindestens zehn Jahre im Keller liegen zu lassen, bevor Sie ihn dann, mindestens vier Stunden vorher entkorkt, bei 16° trinken.


Eine weitere Empfehlung ist die Domaine „Le Pégau“, die ausnahmsweise mal nicht nach ihrem Besitzer benannt, sondern nach einem getöpferten kleinen Weinkrug, wie er im 14. Jahrhundert  auf den Tischen der Päpste und ihres Hofstaates stand. Innerhalb von rund 30 Jahren, gegründet wurde sie von Laurence Féraud, hat sich die Domaine einen Namen erarbeitet, der überall widerklingt: Im  Wall Street Journal wird der „Pink Pegau“ für ein „easy summer

Parkers glorreiche Magnum
drinking“ empfohlen und natürlich hat auch Mister Parker jun. seinen Tweet geschrieben: „Just glorious!“
 

2012 kam mit dem Kauf eines ehemaligen, über 40 Hektar großen Familiengutes nahe Châteauneuf, in Sorgues,  das „Château Pégau“ dazu, wie diese alte Post- und Treidelstation von Paul und Laurence Féraud getauft wurde, in der die Pferde gewechselt wurden, die die Rhôneschiffe nach Norden zogen.

Die Kopie sei das schönste Kompliment, heißt es gelegentlich resignierend, wenn man sich gegen ein solches „selbstgeschriebenes Armutszeugnis“ -  wie die „Fliegenden Blätter“ schon 1902 das Plagiat bezeichneten - nicht zur Wehr setzen kann. Auch die Weine von Pegau werden inzwischen gefälscht, unverfroren und dumm zudem, weil sich unter dem gerade geschnittenen Etikett noch der Zusatz „Merlot“ befindet, Hinweis auf genau eine der Rebsorten, die in der Appelation von Châteauneuf gerade nicht enthalten sind. Das Original von Pegau hat einen Büttenrand, nicht den faserig ausgedünnten des
echten Büttenpapiers, sondern eher den gezackten von Fotos der 1950er und 1960er Jahre. In der Flasche, den man zum Beispiel in Mexiko kaufen kann, wie ein Kunde der Domaine feststellte, ein niederklassiger Wein zu einem allerdings nicht niederen Preis.

Ob Domaine oder Château: Hier kauft man keinen Wein, dieser Wein ist eine Kapitalanlage, obwohl der „Wall-Street-Rosé“ nicht einmal 10 Euro kostet. Nicht nur wegen der offensiven, aber vom Markt akzeptierten Preisgestaltung, sondern vor allem, weil man sich gegen japanische, chinesische und amerikanische Käufer durchsetzen muß. Wie oft hat schon der Blick auf die Homepage ergeben, daß manche Weine derzeit gerade mal wieder verfügbar sind.

Mal wieder nicht zu haben: Weder für Chinesen, noch Amerikaner noch Franzosen
Zum empfehlen ist den Eigentümern die Anpassung der unprofessionellen Homepage an die Qualität der Weine. Von der unglücklich gestalteten Eintrittsseite, die vor allem B&B vermarktet, über Telefonnummern, die man nicht kopieren kann (sonst hätte ich sie hier eingefügt), bis hin zur Unübersichtlichkeit der Presseseite. Aber wenn sowieso immer alles ausverkauft ist…
 

 

Samstag, 16. März 2019

Ardèche, Sartre und Beauvoir

Für Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir beginnt die Provence auf der Höhe von Ardèche und Pont-Saint-Esprit. Die Beauvoir und Sartre, man kann sie sich als Sportler sich nicht so recht vorstellen, machten in den dreißiger Jahren eine Radtour durch Südfrankreich. Jedesmal wenn sie wieder in die Provence komme, erinnerte sich Simone de Beauvoir an „die Gründe, warum ich sie liebe“. Vom Oberlauf bis ins Rhonetal fuhren sie entlang der Ardèche.
„Einen ganzen Tag lang berauschte mich die Metamorphose der Landschaft. Das Blau des Himmels wurde lichter, der Boden trockener, der Geruch des Farns ertrank im Duft des Lavendels, die Erde nahm glühende Farben an: Ocker, rot, violett."
Und als sie von den Cevennenhöhen durch das Tal weiter hinunterrollten,
„tauchten die ersten Zypressen auf, die ersten Ölbäume, die erste Palme". 
Die erste Palme in Goudargues
Ihr ganzes Leben lang, so schrieb Simone de Beauvoir in ihrer Autobiographie „In den besten Jahren“, habe sie „die gleiche tiefe Erregung empfunden, wenn ich aus dem gebirgigen Herzen des Landes zum Mittelmeerbecken kam“.

 

Samstag, 9. März 2019

Collioure: Das Museum in der Kneipe des Monsieur Pous

Collioure: Auch heute noch eine Stadt der Maler.                   Bild tobi87 cc

Es gebe in ganz Frankreich
„keinen blaueren Himmel als den von Collioure. Ich brauche nur die Fensterläden zu öffnen und schon habe ich alle Farben des Mittelmeeres bei mir“,
begeisterte sich Matisse und übertrug diese Überschwänglichkeit auf seine Palette. Für ihn
„die perfekte Synthese von Land und Meer, ein Ort, der sich
Knallige Farben im ganzen Ort
zwischen den letzten Ausläufern der Pyrenäen und dem ultramarinblauen Mittelmeer in die Bucht schmiegt wie ein schläfrig-zufriedenes Tier, das zwischen Orangen und Oleander in der Sonne döst“.
Er wählte leidenschaftliche Töne, ein
„sonnentrunkenes Chromgelb, grelles Ziegelrot, exaltiertes Orange vor tintig dunkler Dünung“,
wie Claudia Diemar das in der NZZ beschrieb; hier der ganze Artikel.

Den Weg um Schloß und Hafen von Colliure sollte man nicht ohne einen Stopp in der Bar „Les Templiers“ beenden. Als Matisse, Derain,

Braque, Dufy - die Fauves, die Wilden, wie sie von einem Journalisten damals abwertend getauft wurden - hier noch malten, war die Kneipe von René Pous schon deshalb ihr Hauptquartier, weil der ihnen immer wieder Bilder abkaufte oder bei Liquiditätsengpässen in Zahlung nahm. Und die Liquiditätslage muß schlecht gewesen sein in jener Zeit und auch noch, als sein Sohn Jo diese Tradition fortführte.

An die zweitausend Bilder finden sich in der Bar und dem angeschlossenen Hotel. Monsieur Pous hat mir gesagt, es gäbe keine Liste der Gemälde und erst recht keinen Katalog für eine Sammlung, nach der jedes Museum sich die Finger lecken würde. So ganz habe ich das nicht geglaubt. Wer nach Vorgaben der Versicherung eine Alarmanlage stets auf dem neuesten Stand hält und von manchen Bildern nur eine Kopie hängt, der hat auch ein Verzeichnis seiner Schätze.


Und was nicht nur für Museumsrestauratoren eine ganz erstaunliche neue Erfahrung sein muß: Kneipenrauch und Salzwasserluft scheinen die Bilder auf ein ganz besonders positive Art und Weise zu konservieren. Und wenn die Kaffeemaschine dem dahinter hängenden Picasso mal etwas Dampf macht, meint Pous nur:
„Das ist schon die vierte Maschine, aber immer noch der gleiche Picasso.“




Samstag, 2. März 2019

Vom Marais de Vigueirat zum Phare de la Gacholle




Wer von Arles aus - zudem noch durstig und hungrig, weil einem die touristisch überzogenen Preise um die Arena aus der Stadt treiben -, in die Camargue fährt, dem kann an sich nichts besseres passieren, als auf der Straße nach Salin-de-Giraud in Mas Thibert dem Schild „Centre Ville“ zu folgen und später, wenn die alten Landarbeiter-Häuser weniger werden, der Beschilderung zum „Marais du Vigueirat“ zu folgen. Wenn die Straße aufhört eine regelrechte Straße zu sein, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder Sie fahren scharf rechts auf den Deich und finden, mit entsprechender Ausrüstung für ein Picknick den idealen Ort, oder, noch besser, Sie lassen sich von den sechs Kilometer langen, schlaglöchrigen Schotterpiste nicht abschrecken und fahren drauf zu.

Irgendwann können Sie den Wagen reetgedeckt unterstellen und gehen auf einen alten Hof zu. Aber stop! Gleich rechts befindet sich eine sogenannte „Buvette“, denen in Frankreich regelmäßig kulinarisch nicht zu trauen ist: Tranige Pommes und verkohlte Würste sind normalerweise die Markenzeichen. Aber diese ist völlig anders.

Die Besitzerin der Manade bereitet Ihnen einen „Assiette de dégustation“ zu, der wirklich ein Gedicht ist. Alles aus dem auch zu
besichtigendem Garten, Blattsalate, deren Namen der normale Hausmann nicht kennt, Coeur de Boeuf-Tomaten, rote Beete und Karotten in einer feinen Venaigrette, unterschiedliche Tapenade auf sonnengetrocknetem Baguette, eigener Ziegenkäse, eigene Paté de Taureaux und was man sich sonst noch so vorstellt.

Dann aber die zunächst einzige Enttäuschung: Nur Bio-Säfte, Jus de Pommes, de Pêches und was für Kinder so alles gut ist. Ein Glas Wein, nein, „on a pas le droit“ - das dürfe sie nicht ausschenken, obwohl sie ihn selbst anbaue. Aber, im Land der eleganten Umwege, lässt sich auch das zum Guten wenden.

Gegenüber im Office du Tourisme werde ihr Wein verkauft, und auch Reisbier. Dort weiß man gleich Bescheid. Ah, Sie kommen von Madame? Roten, Rosé oder Weißen von der Domaine de l’Attilon könne ich haben. Also einer leichten Sommer-Rosé. Den bekomme ich auch, aber, „on a pas le droit“ nicht gekühlt. Aber, mit einem verständnisvollen Blick, gegenüber an der Buvette könne ich mir den ja ins Eisfach legen lassen und eine Viertelstunde spazieren gehen.


Schließlich findet so dieser wahrhafte „Assiette gourmande“ noch zu seinem Glas Wein, seiner Flasche, besser gesagt. Neidvoll beäugt von einem französischen Paar, das sich diesen Umweg nicht erfragt hatte. Wir haben dann brüderlich geteilt, fast jedenfalls.


Und ehe ich das vergesse: Wunderschöne Spaziergänge oder Kutschfahrten (04.09.98.70.91) unter den Tamarisken hindurch und entlang der sich ständig ändernden Etangs mit den entsprechenden Naturbeobachtungen – über achthundert Pflanzenarten und zahlreiche Wasservögel, Schlangen und Schildkröten - kann man von hier aus machen. Elisabeth, Babette, wie sie hier genannt wird und Robert sind ein eingespieltes Team beim Öffnen der Gatter und bei der Beantwortung der zahlreichen Besucherfragen. Und danach hat jedenfalls der Rosé sicher die richtige Temperatur.



Einsamkeit pur am Phare de la Gacholle. Stundenlang können Sie
alleine durch die salzflirrende Hitze der Camargue laufen.
Der Leuchtturm von Gacholle ist nicht weit von hier, den kleinen Umweg sollten Sie machen. Ich erwähne ihn hier, weil der Tip zum
Besuch des Marais du Vigueirat von Madelaine Fourniol gekommen ist, die heute, ihrer Enkel wegen, in Dions wohnt, schräg gegenüber von der Ginguette, die übrigens auch wegen des freundlichen Service immer für ein kleines Mittagessen gut ist.
Madleine Fourniol bei der Treibholzsuche und eines der von ihr gestalteten Hotelzimmer
Der Phare de la Gacholle ist Madelaines Geburtshaus und bis zum achtzehnten Lebensjahr hat sie in dieser Einsamkeit gelebt. Jeden Morgen rund 10 Kilometer Schulweg am Strand und durch die Dünen.

Das hat sie bis heute nicht losgelassen, wie Sie unter www.canalblog.com/search/posts/fourniol sehen und lesen können.
Heute baut sie Möbel und Innendekorationen, selbst für komplette Hotels, aus meergebleichtem Treibholz, das sie einmal in der Woche, meist montags in ihrem roten Range-Rover-Pickup einsammelt. Der Besuch in ihrem Atelier in Dions lohnt sich. Manche Lampe entsteht aus einem einzigen Stück Holz; dabei werden die Leitungen wie unsichtbar im Inneren des Stammes untergebracht und selbst Spezialisten haben Schwierigkeiten, dem Weg der Fräsung zu folgen.