Freitag, 29. Juni 2018

Anduze: Vasen nicht nur für den 14ten Ludwig

Die Form ist geblieben seit dem 18. Jahrhundert, die Farben sind vielfältig geworden
Zahlreiche große Töpfereien vor, in und um Anduze – das geht schon, wenn aus Vézénobres kommen, in La Madeleine los und mit Le Chêne Vert weiter – warten auf Sie.

Wenn Sie kaufen wollen, dann aber bitte erst auf der linken Gardonseite zwei Kilometer in Richtung von Saint-Jean-du Gard fahren. In einer Rechtskurve sehen Sie auf der linken Seite die Töpferei Les Enfants de Boisset ( route de Saint-Jean-du-Gard, 0033 466 618086 www.poterie-anduze.fr ). Das sind nicht zwar die Ur-Ur-Ur-Enkel von Boisset, aber doch eine der traditionellen Töpfereien, in denen ich bisher Made in China oder Fabriqué en Maroc oder die Vasen, die gepreßt und nicht auf der Scheibe gedreht werden, kaum gefunden habe.

Ihre Frau wird Sie dann allerdings zurückdirigieren zur Poterie de la Madeleine nach Lézan (Route de Nîmes, 0033 466 616344 www.poterie.com ), wo auch noch vor Ort produziert wird und die Auswahl deutlich größer und die Präsentation wesentlich marketingorientierter ist. Das hängt auch damit zusammen, daß sich Filialen auch in Saint-Tropez, Béziers und Montpellier finden; Immerhin haben Sie jetzt einmal einen Preisvergleich.

Die Vasen, die Ludwig XIV. sich für die Ausstattung der Orangerien von Versailles hat kommen lassen, waren alle 1,05 Meter hoch; eine solche Vase bekommen Sie als Ausschußware bei La Madeleine für 120 bis 250 Euro, was immer noch ein ordentlicher Preis für ein nicht einwandfreies Produkt ist. In gutem Zustand kosten sie dann 800 Euro oder etwas mehr; pro Vase packen Sie sich rund 140 Kilogramm zusätzlich ins Auto. Die angesprochene Fehlerhaftigkeit bei allen Töpfereien beschränkt sich auf Glasurfehler, die die Vasen so oft mit dem Anschein von Gebrauchsspuren versehen. Unsere Erfahrung ist, daß sie dennoch winterfest sind – jedenfalls für das, was man in Südfrankreich so Winter nennt. Neben den tatsächlich fehlerhaften finden sich die Vasen, die der Töpfer in mühsamer Handarbeit „auf alt“ gemacht hat – fragen Sie nach „patine ancienne“ oder „vieilli tradition flammé“.


Wenn Sie sich auf einen der Antiquitätenhändler verlassen wollen, der Ihnen noch eine der Vasen Ludwigs XIV. ganz hinten aus dem Lager und nur für den echten Kenner verkaufen will, können das tun und die Geschichte dann Ihren Freunden weiter erzählen; glaubwürdiger wird sie dadurch nicht.
 
Franck Becker
So viele alte Vasen, wie in Anduze und Umgebung verkauft worden sind, kann der König gar nicht besessen haben.

Wenn Sie sich durchringen könnten, an La Madelaine vorbeizufahren, kommen Sie wenige Kilometer weiter, in Cardet, auf der rechten Straßenseite an die Töpferei von Franck Becker, der seine sämtlichen Vasen noch auf der Scheibe dreht und HIER UND IM FILM erklärt, warum "winterhart" ein dehnbarer Begriff ist und die gepreßten Vasen leichter kaputt gehen.

 

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